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Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
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Seite - 48 - in Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur

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Seinen „früheren Meister“, den Fährmann Elias Loth hat Tschamper, wie Ilse erfährt, in die Donau „purzeln lassen“ (DB 216) und dann hat er dessen Posten übernommen. Tschamper, darauf angesprochen, antwortet Ilse mit einem Lied, das die Grenze als einen Ort des Übergangs in das Reich des Todes charakteri- siert: „Hinüber, hinüber – / Was harrest du hier lang? / Hinüber, hinüber – / O sei darob nicht bang. / Es fährt ein Boot zur Ewigkeit, / Es führet dich aus Ort und Zeit – / Hinüber, hinüber …“ (DB 216) Die gefährliche Atmosphäre der Grenzlandschaft, die Billinger noch mit his- torischen Konnotationen bis zu den römischen Befestigungsanlagen des Limes auflädt, lastet über dem Geschehen der Handlung. Deutlich wird dies auch, als ein Wiener Liebespaar die Grenzregion besucht, das im „drüben“ das Ende der Welt bzw. das „Böse“ schlechthin vermutet: „Was drüben ist – ? Drüber der Donau!? / Nix! Da hört die Welt auf. […] / Daher haben wir fahren müssen! Kriegst grad bloß die Angst. […] / Spuck hinter dir aus, dreimal, sonst lauft dir was nach, was Böses!“ (DB 246) Aberglauben ist nur eine Strategie der Figuren in Donauballade, sich diese prekäre Zone zu vergegenwärtigen und begreiflich zu machen. Neben diesem Aspekt des Mythischen sind es aber auch realhistorische Elemente, die die Gren- ze bestimmen und so wird auch das Bildfeld der „Mordgrenze“ mehrfach auf- gerufen. Die alte Bahnwächterwitwe Zierfahl berichtet, dass ihr Sohn über die Grenze verschleppt wurde (vgl. DB 225) und immer wieder hallen „vom drüber- en Ufer […] grelle Schüsse“ (DB 226). An anderer Stelle erklärt Ilse die Schüsse mit den über die Donau schwimmenden Flüchtlingen: „Unangenehm oft, diese zu nahe Grenze. Wollte wohl wieder so ein Armer zu uns herüberschwimmen.“ (DB 236) Der gesamte Grenzraum steht unter dem Eindruck dieser mit fiktiven, historischen und mythischen Elementen aufgeladenen Grenze. Auch die Fauna kann sich dem nicht entziehen. So erklärt Franz Pfadenhauer, dass die Sechzeh- nender sich „gern an den elektrisch geladenen Drähten, am eisernen Vorhang, Ungarn zu“ aufhalten (DB 243), weil sie spüren, dass sie dort in Ruhe gelassen werden.84 Zuletzt erhält Ilse durch den zurückgekehrten Franz Zierfahl sowie durch ihre Cousine Ida Aufklärung über Tschampers doppelten Verrat: Dieser ist nicht nur für die Ermordung ihrer Tante, der früheren Wirtin Rosina Descher durch russische Soldaten in den letzten Kriegstagen verantwortlich, sondern er hat auch das Kindermädchen Maruscha damit beauftragt, das gemeinsame Kind Andreas mit einem Schlafmittel zu vergiften (vgl. DB 277). Dies erfährt Ilse durch Menschen, die in der einen oder anderen Weise die Grenze überschritten haben bzw. im Kontakt mit dem Osten stehen. In einem Brief, der auf „schein- 84 In Lieb Vaterland magst ruhig sein meldet ein Sprecher im Sender Freies Berlin in einem Bericht über die Verminung der Grenzen, dass 1964 bereits mehr als „zweitausend Minen detoniert“ Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR 48 1 Die Grenze
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Diskurse des Kalten Krieges Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Titel
Diskurse des Kalten Krieges
Untertitel
Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20380-3
Abmessungen
15.9 x 24.0 cm
Seiten
742
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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