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Nach 1918
Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
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Literatur der Zeit. So entstanden in Österreich unterschiedliche Reise- und Migrationserzählungen, die auf je spezifische Weise dieses Motiv aufgreifen. Die zeitgenössische Bedeutung der Augenzeugenschaft ist freilich erst vor dem Hin- tergrund der Grenzpolitik der Sowjetunion und später des gesamten Ostblocks zu verstehen. Schon das zaristische Russland schottete sich gegen ausländische Reisende stärker ab als andere Länder. Ebenso kontrollierte das nach der Okto- berrevolution etablierte Sowjetsystem die politische Gesinnung Einreisender mit Misstrauen. In den 1930er-Jahren wurde ein rigides Kontrollsystem für Ein- reisende installiert, das nach einer totalen Aufhebung von touristischen Einrei- sebewilligungen ab 1941 im Jahr 1954 wiederaufgenommen wurde.16 Die stren- gen Grenzkontrollen wurden nach 1945 auf die sowjetisch kontrollierten Länder ausgedehnt, wobei auch die Grenzbefestigungen des Eisernen Vorhanges ent- standen. Die Abgeschlossenheit des Raumes jenseits des Eisernen Vorhanges bewirkte im Westen dessen Mythisierung17 und seine Aufladung mit Imagina- tionen. Er wurde zum Projektionsraum für politische wie literarische Utopien und Dystopien, für Wünsche und Ängste, Propaganda und Gegenpropaganda. Eines der Propagandaprogramme, das sich im Österreich der Nachkriegszeit in den Diskurs über die ‚Wahrheit‘ hinter dem Eisernen Vorhang einschaltete, bestand in der Organisation von Besichtigungsreisen für ausgewählte Delegati- onen oder auch Einzelpersonen in sowjetisches Gebiet. Diese fanden allerdings unter Bedingungen statt, die im Vorhinein mit den sowjetischen Behörden abgestimmt werden mussten. Die Delegationsmitglieder wurden von staatlich beauftragten Personen begleitet und bekamen im Regelfall ein dichtes Besichti- 16 Vgl. Matthias Heeke: Reisen zu den Sowjets. Der ausländische Tourismus in Rußland 1921– 1941. Mit einem bio-bibliographischen Anhang zu 96 deutschen Reiseautoren. Münster, Ham- burg, London: Lit 2003. Ders.: Reisen nach Moskau: Organisierte Trampelpfade der Fremd- wahrnehmung? In: Walter Fähnders [u.a.] (Hg.): Berlin, Paris, Moskau. Reiseliteratur und die Metropolen. Bielefeld: Aisthesis 2005, S.  169–190. Ders.: Mit Intourist durch die UdSSR. Der bundesdeutsche Sowjetunion-Tourismus. In: Hasso Spode (Hg.): Goldstrand und Teutonen- grill. Kultur- und Sozialgeschichte des Tourismus in Deutschland 1945–1989. Berlin: Moser 1996, S.  163–183. 17 Die mythisierende Dimension der Auseinandersetzung mit der Sowjetunion zeigt sich auch in den Titeln der frühen Auseinandersetzungen mit den stalinistischen Verbrechen, etwa Arthur Koestlers berühmter Roman über die Moskauer Schauprozesse Sonnenfinsternis (engl. Dar- kness at Noon) (1940), oder der Bericht über die Verbrechen der UdSSR an den Polinnen und Polen The Dark Side of The Moon (1946). Vgl. Arthur Koestler: Sonnenfinsternis [1940]. Coes- feld: Elsinor 2011. Zoë Zajdlerowa: The Dark Side of The Moon. London: Faber & Faber 1946. Robert Neumann hat eine Parodie auf Koestlers Roman verfasst: Robert Neumann: Besonnte Finsternis. Nach Arthur Koestler. In: Ders.: Mit fremden Federn. Der Parodien zweiter Teil. Wien, München, Basel: Desch 1955, S.  217–220. Und: Ders.: Die Parodien. Wien, München, Basel: Desch 1962, S.  476–478, vgl. auch ebd., S.  539. Die Rhetorik der Augenzeugenschaft 63
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Diskurse des Kalten Krieges Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Titel
Diskurse des Kalten Krieges
Untertitel
Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20380-3
Abmessungen
15.9 x 24.0 cm
Seiten
742
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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