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Zu den amtlichen Aufträgen von einer der fünf Regierungen, der gemeinsamen
österreichisch-ungarischen, der österreichischen, der ungarischen, der kroatischen
oder der bosnischen, kamen noch die Eingaben von Parteien in ihrer Mutter-
sprache, wobei jede ihre Angelegenheit für die dringendste hielt. Die wichtigsten
AngelegenheitenbehieltsichderKonsulzureigenenErledigung,dieübrigenteilte
er seinen untergebenen Beamten zu, die jetzt der Reihe nach kommen mussten,
um Instruktionen zu erbitten, Entscheidungen und Unterschriften für Pässe und
Legalisierungen etc. einzuholen. Da der Konsul für die gesamte Kassengebarung
verantwortlich war, hatte er sich mit dieser und mit der Überwachung der Bemes-
sung und Einhebung der Konsulargebühren genau zu befassen. Er musste sich von
der Behandlung der Parteien durch seine Untergebenen überzeugen und, soweit
er konnte, ihre Anliegen selbst entgegennehmen. In das Generalkonsulat Berlin
kamen im Jahr 1912 täglich etwa 150 200 Parteien, gleichzeitig schwankte der
tägliche Akteneinlauf zwischen 160 und 200 im Durchschnitt.203 In das Hono-
rarkonsulatGenfkamenimgleichenJahramTagdurchschnittlich5Personen.Im
Einlauf waren 14 15 Piécen/Tag; weil aber auch Legalisierungen, das Einlangen
von Broschüren und dergleichen eingetragen wurden, erreichte die Zahl der zu ei-
ner Korrespondenz Anlass bietenden Akten an keinem Tag die Ziffer 10.204 Der
KonsulmusstedieGeschäfte fastallerZentralstellenbesorgen.
Um die nötigen Informationen für die politische und wirtschaftliche Bericht-
erstattung seines Amtsbereiches zu erhalten, musste er Verbindungen mit den
einschlägigen Kreisen herstellen. Der eine wollte im Klub nichts von Politik und
Geschäften hören, der andere war dagegen nur dort zu sprechen und mitteilsam.
Dazu gesellten sich Interventionen bei den Ortsbehörden, bei Konsularvertretun-
gen, bei nationalen Vereinen. Viel Zeit war für die Abfassung zahlreicher Berichte
notwendig.
Vom Konsul wurde die Unterstützung bei Unterbringung Kranker in Kran-
kenhäusern, eventuell Heimbeförderung Mittelloser oder Beschaffung von Arbeit
erwartet. Im Rechtshilfeverkehr hatte er zu intervenieren. Eine Plage konnten
Landstreicherfür dieKonsulate werden,weil sichvielezwar dasnotwendige Fahr-
geld in die Heimat geben ließen, aber dieses dann in Alkohol umsetzten und zu
guter Letzt zwangsweise heimbefördert werden mussten und den Konsul als hart-
herzig inVerrufbringenkonnten.
203 GK Paumgartner an die ö.-u. Botschaft in Berlin, Berlin, 2. Nov. 1912, Nr.281 Res. NAR F
4/49Pe.Goertz.
204 ARF8/404Generalia. Inspektionsreisen1880 1918.
Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825-1918
Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biografien
- Titel
- Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825-1918
- Untertitel
- Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biografien
- Autor
- Engelbert Deusch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.4 cm
- Seiten
- 736
- Schlagwörter
- Konsularbiografien, Konsularausbildung, Pflichten eines Konsuls, österreichisch-ungarische Konsulate, Arbeitsverhältnisse, Honorarkonsuln, Repräsentation
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918