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Aufnahmekriterien frühpädagogischer Betreuungseinrichtungen im Vergleich
ElFo—Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2019), 1 (2) S. 53-62
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zentrale Größen beschrieben, die einen Einfluss auf die Betreuungsentscheidung haben können
(Meyers & Jordan, 2006). Anders als in ökonomischen Modellen, wo eine unbegrenzte Verfügbarkeit
von Betreuungsplätzen und damit einhergehend eine freie Wahl der Eltern suggeriert wird (Becker,
2007), wird in der sozial-ökologischen Theorie die Begrenztheit der Betreuungsplätze berücksichtigt
und betont, dass auch Merkmale der sogenannten Angebotsseite, also die der KiTa/Träger oder
Tagespflege einen Einfluss auf die Inanspruchnahme haben.
Neben den Betreuungskosten, der generellen Verfügbarkeit von Plätzen und gesetzlichen Regelungen
wie Gebührenfreiheit sind hier auch jene Aspekte zu nennen, die von den Einrichtungen als relevante,
individuelle Voraussetzung oder begünstigende Faktoren festgelegt werden wie beispielsweise
Geschwisterkindregelungen, die die Aufnahme eines weiteren Geschwisterkinds wahrscheinlicher
machen und ggf. auch die Betreuungskosten reduzieren (Mierendorff, Ernst, Krüger & Roch, 2015).
Somit können zwei übergeordnete Kategorien als mögliche Einflussgrößen herausgearbeitet werden:
zum einen die Nachfrageseite und zum anderen die Angebotsseite.
Aufgrund enormer Unterschiede in den Früherziehungssystemen verschiedener Länder (OECD, 2013)
sowie Differenzen in gesetzlichen Regelungen wie Elternzeitbestimmungen (International Labour
Office, 2013) und dem Fokus des Beitrags auf Deutschland, wird im Folgenden nur der Forschungsstand
für das deutsche Früherziehungssystem rezipiert. Der Forschungsstand zur Nachfrageseite zeigt, dass
die Inanspruchnahme von strukturellen Merkmalen der Familien abhängt. Beispielsweise lassen Eltern
mit höherem Bildungsstatus und höherem Einkommen ihr Kind eher außerfamiliär betreuen (Fuchs-
Rechlin, Kaufhold, Thuilot & Webs, 2014), Eltern mit Migrationshintergrund aber ziehen
vergleichsweise häufiger die eigene Betreuung vor (Alt et al., 2016). Es gibt zwar auch Schnittmengen
zwischen diesen und anderen Merkmalen (Eltern mit Migrationshintergrund und hohem
Bildungsstatus), empirisch zeigen sich aber, unter Kontrolle des jeweils anderen Merkmals, klare
Richtungen in den Zusammenhängen mit der Inanspruchnahme. Neuere Untersuchungen zeigen
zudem, dass die Erwartungen der Eltern, insbesondere die Fördererwartung, positiv mit der
Inanspruchnahme zusammenhängen (z. B. Burghardt, 2017).
Gegenüber Aspekten der Nachfrageseite stehen mögliche Einflussgrößen der Angebotsseite deutlich
seltener im Fokus bisheriger Forschung. Es zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen
Platzangebot und Inanspruchnahme (Hüsken & Alt, 2017), ebenso zwischen Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz, der sich zum Beispiel darin äußert, dass die Gruppe der potenziellen Nachfrager
gesunken ist (Alt, Hubert & Steinberg, 2015). Dass die Kosten zu hoch seien, wird von Eltern, die nach
Gründen gegen die Inanspruchnahme gefragt werden, ebenfalls als relevante Größe benannt (z. B.
31,9 % der Eltern bei Alt et al., 2014).
ElFo
Elementarpädagogische Forschungsbeiträge, Band Jahrgang 1 / Heft 2 / 2019
- Titel
- ElFo
- Untertitel
- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge
- Band
- Jahrgang 1 / Heft 2 / 2019
- Herausgeber
- Lars Eichen
- Eva Pölzl-Stefanec
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 77
- Kategorien
- Zeitschriften ElFo- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge