Seite - 181 - in Else Feldmann: Schreiben vom Rand - Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
Bild der Seite - 181 -
Text der Seite - 181 -
LeibderMutter (1924) 181
schlägtundbeschimpft,zu leiden,nimmt ihnaber inSchutz: „[…]daskommt
[…]nursehrseltenvor,nuralle fünf, sechsWochen.WennseineZeitvorüber
ist, ist erwiederderbravsteMann.“ (LDM96)Auchdiesichregelmäßigein-
stellendenSchwangerschaftennimmtsieergebenhin.WährendFrauMiczek
gegen ihrLos aufbegehrt, denuntreuenEhemannzurRede stellt – „‚Heim
kommstdu‘ […]‚heim!‘“ (LDM122)–unddroht,dasKind,welchessiewieder
erwartet, „insWasser [zu]werfen,wennesda ist“ (LDM44), fügt sichFrau
Fehrenheit in ihrSchicksal:
‚Ja, ja es istnichtanders,manmußzufriedensein.Es istbeiunsnichtandersalsbei al-
lenarmenLeuten.DasLebenhatunsnicht indieSonnegestellt. Ichbinihmnichtböse,
nächstens ist er jawieder gut.Nein, ichhabe keineFeindschaftund imGrabewerden
wirbeideunsereRuhefinden…‘DaswardieWeisheit vonFrauFehrenheit,derSchus-
tersfrau. (LDM96)
Sie liebt ihreKinder, die ihr zärtlich zugetan sind: „Sie hingen sich an die
RockfaltenderMutter, sie stiegenaufeinenStuhlundschmiegtensichanihre
Wangen, sieumfaßten ihrenLeib[…].“ (LDM98)FrauMiczekdagegendroht
ihremKind,das inderNachterwacht,mitdenFäusten:„‚Schlaf’, rühr’dich
nichtoder ichschlagdich…dieAugenzurWand!‘“ (LDM27)
IneinerUmgebungvonArmut,GewaltundfehlenderUnterstützungsind
derMutterliebeGrenzengesetzt.Feldmannzeigtauf,dassuntergegebenenUm-
ständenauchdieMutterliebeeinerFrauFehrenheitzumTodderKinderführen
kann:„…Manhat inNotgerateneMüttergesehen,FrauenausderMasse,die
sich ihreKinder andenLeibgebunden,ummit ihnenzu sterben. Siewoll-
tensienichtalleinezurücklassen.SolcherartwardieLiebederSchustersfrau.“
(LDM98)
Ihnenstellt sieFrauendesBürgertumsgegenüber,diescheinbardemIdeal
derMutterschaftentsprechen: jungeFrauen lachendvor „Mutterglück“, die
„eineFlutvonSchönheitundFreude“(LDM10)umsichverbreitenundihren
Kindern„weißeSchleier, sozartwieFlaum,überdaskleineGesichtdeckten,
damit Insektenesnichtbelästigten“(LDM116), sowie„alteDameninfeinen
Gewändern, die in ihremHausgarten saßen; ältereFrauenmit stahlgrauen,
schönenScheiteln,vergötterteMütter schonverheirateterKinder,derenAr-
beitmannichtmehrwünschte,nur ihrenSegen“(LDM129).Zuihnengehört
LaichseigeneMutter, eine„stolze, eigensinnigeFrau“(LDM150),nebender
Laichsalter,dementerVater, ein„kleiner, lustiger [Mann]“,der„fortwährend
miteinemfeinenStimmchenimmerdasselbe[plapperte]“,kaumbeachtetwird:
„Manließ ihngewähren,nurmanchmalsagtedieTochter: ‚GenugVäterchen;
wirwissendasschon…‘“(LDM175)Laich leidetunterder fehlendenAner-
kennungder„hochragenden, stolzenFrau“,anderein janusköpfigerAspekt
derMutterliebe aufgezeigtwird: der egoistischeZugeinerMutter, „die ihre
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0 | CC BY-NC-ND 4.0
© 2021, Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Else Feldmann: Schreiben vom Rand
Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Titel
- Else Feldmann: Schreiben vom Rand
- Untertitel
- Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Elisabth H. Debazi
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21213-3
- Abmessungen
- 15.8 x 23.4 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- L
- Kategorie
- Biographien