Page - 50 - in Bildhauer Adolf Wagner von der Mühl - seine Herkunft und sein Werk
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50 Wagner von der Mühl „Im nächsten Jahr (1910) war es dem jungen Bild-
hauer zum erstenmal zuteil, einen monumentalen
Entwurf in Edelmaterial ausführen zu dürfen. Die
überlebensgroße Gruppe „Lasset die Kindlein zu mir
kommen!“ wurde als Spende der Allgemeinen Spar-
kasse in Linz für die Kapelle der Bundesrealschule
nach dem Tonmodell in Originalgröße in Lindenholz
ausgeführt. Der sitzende, mit einem langen, kutten-
artigen Gewande bekleidete Heiland umfasst mit der
Linken ein eng an sich schmiegendes, neben ihm
sitzendes kleines nacktes Mädchen und wendet sich
mit geneigtem Haupt und sprechender rechter Hand
einem vor ihm knienden und gläubig aufblickenden,
gleichfalls nackten Knaben zu.
Das aus elf Lindenpfosten ausgebaute Schnitzwerk
ist schon rein technisch genommen eine gewaltige
Leistung, an den Gewandteilen ist jeder Schnitt des
Meisters sichtbar, während die Haare leicht poliert,
die Fleischteile glatt geschliffen sind. - Als gelernter
Bildschnitzer hatte Wagner in diesem Sinne vor sei-
nen akademischen Kollegen einen großen Vorsprung.
Allerdings ist die Arbeit nicht in der Art von vornhe-
rein in Holz gedacht, wie etwa die Holzschnitzwerke
des Innviertler Bildhauers Josef Furthner, von dessen
Hand unser Museum seit dem Vorjahr eine charak-
teristische Arbeit (Putto mit Krebs) besitzt. Furtner
ist ein Virtuose des Schnitzmessers im Sinne etwa der
Innviertler Spätgotik, und kann sich nicht genug tun
an kühnen Unterschneidungen, Durchbrüchen und Unterhöhlungen; auch seine Oberflächenbehandlung wird in neu-
ester Zeit, wie sein gewaltiger Kruzifixus in der Ausstellung „Christliche Kunst“ der Wiener „Sezession“ zeigte, wildbe-
wegt, bis zur Maniriertheit. Vor solchen Übertreibungen hält sich der maßvolle Wagner fern, nützt aber andererseits
die Möglichkeiten des Schnitzmessers nicht so voll aus wie Furthner. So ist auch die in Rede stehende Gruppe nicht
eigentlich von vornherein in Holz gedacht, sie könnte ebenso gut in Marmor ausgeführt sein. Der ruhige Umriß der
Komposition und die Innigkeit der Empfindung, die sie durchwaltet, macht sie zu einem höchst ansprechenden Werk,
das in der Kapelle der Bundesrealschule, wo es aufgestellt ist, so recht seinen Zweck erfüllt. Die Stiftung dieses Kunst-
werks ist ein Verdienst des Sparkassenpräsidenten Julius Wimmer, der hier zum erstenmal fördernd in die Laufbahn
unseres Landsmannes eingriff und ihm auch später immer wieder helfend zur Seite stand – ein Verdienst, das gar nicht
hoch genug veranschlagt werden kann.“ Ubell, 1925
Lebensgroße Lindenholzskulptur in Leonding bei Linz
Bildhauer Adolf Wagner von der Mühl
seine Herkunft und sein Werk
- Title
- Bildhauer Adolf Wagner von der Mühl
- Subtitle
- seine Herkunft und sein Werk
- Author
- Anton Brand
- Publisher
- Museumsinitiative Rohrbach
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.0 x 21.0 cm
- Pages
- 244
- Category
- Kunst und Kultur