Page - 34 - in Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny - Briefe 1938-1945
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2 Einführung
erdasnicht vorauswußte, entschieder sichzumweitausärgeren
Hierbleiben.94
Während der Kreuzfahrt auf dem KdF-Schiff95 also kommen sich die
„Halbjüdin“LotteSwecenyundder „arische“ReserveoffizierAlexander
Lernet-Holenia, umgeben von Emigranten einer- und Nazispitzeln ande-
rerseits, schließlichnäherundwerdenzumLiebespaar.96 DieneunLeben
bietet einen detailreichen Bericht dieser Reise,97 von der Lotte Sweceny
an ihreFreundinundHochhaus-NachbarinErikaKriechbaumschreibt:
„Es geht mir noch viel besser, als man so hat erwarten können [...]. Mit
Lernet vertrag’ ich mich großartig – unberufen – so ist der z. größten
TeilunerfreulichesonstigeUmgangsehrbeschränktu. zuertragen.“98 In
94 AlexanderLernet-Holenia:EinAriernachweisoderDerumgekehrteRadetzkymarsch.
In:Karl-HeinzKramberg (Hrsg.): VorletzteWorte. Schriftsteller schreiben ihrenNachruf.
München: Goldmann Verlag 1985, S. 175–182, hier S.175 (Erstausgabe 1970 im Verlag
Bärmeier&Nikel, Frankfurt).
95 Details dazu: Rocˇek: Die neun Leben, S.216–224 („Karibisches Zwischenspiel“). Die
Fahrt führt u.a. über Trinidad, die Westindischen Inseln, Venezuela, Mexiko, Kuba, New
York.
96 Dass das Verhältnis auch erotischer Natur war, belegt ein Brief Lotte Swecenys an ihren
engenFreundMilanDubrovic: „Der ,Meister‘,wie sie ihnhiernennenarbeitetundwir
tunesnur seltenundmit lauterKnöpfenundKleidernan,was ichnicht leidenkann“
(MariaCharlotteSweceny:Brief anMilanDubrovic [WienB,Handschriftensammlung,
NachlassMilanDubrovic,ZPH944,Archivbox3].St.Wolfgang.22. Juli 1940).
97 Rocˇek:DieneunLeben, S.216ff.DerBericht stützt sichnachRocˇeksAussagevorwiegend
aufGesprächemitLotteSweceny(ebd.,S.223FN35).Erschreibtu.a.,erhabedieDaten
derReiserouteden„PoststempelnvonBriefenanFrauCharlotteSteinentnommen“(ebd.,
S.218 FN 29) und bedauert im Weiteren, Lotte Sweceny habe ihm „keinen Einblick
in die umfangreichen Korrespondenzen“ mit Lernet-Holenia gewährt, aber „einige
Stellen daraus“ vorgelesen, die er dann „in den Text [der Biografie, C.D.] eingearbeitet“
haben will (ebd.). Diese Briefe Lernet-Holenias an Lotte Sweceny existieren freilich
nicht, da ja,wiehierdokumentiert, diebeidendieReisegemeinsamunternahmen. In
der Zwischenzeit – und nach einem Telefonat mit dem Verfasser – hat Rocˇek in einer
PublikationzuLernet-Holenia(ders.:DieWaagederWelt.DiskurseüberAlexanderLernet-
Holenia. Perchtoldsdorf: edition hic@hoc 2010) die Tatsachen ins rechte Licht gerückt:
IneinerFußnoteheißt eshiernun,LotteSweceny sei Lernet-Holenias „Begleiterinauf
seiner [...] Rundreise in die Karibik“ gewesen (ebd., S.164 FN 5). Dass Lotte Sweceny
Lernet-Holenia begleitete – die Briefe Lernet-Holenias an Lotte Sweceny legen eher
nahe,dassLernetdiebereits zurReiseentschlosseneLottebegleitete–, sei, soRocˇek,
Zeichen dafür, dass Lernet-Holenia seine Auswanderungspläne zu diesem Zeitpunkt
bereits habe fallen gelassen: „Die Rückkehr ist also vorprogrammiert“ (ebd., S.165 FN
8).EineQuelle fürdiese–seinerBehauptunginDieneunLeben,Lernet-Holeniahabevon
unterwegs an Lotte Sweceny geschrieben, diametral widersprechenden – Ausführungen
nenntRocˇeknicht.
98 MariaCharlotteSweceny:BriefanErikaKriechbaum[BriefpapierderHamburg-Amerika-
Linie, SteinFA].AnBordM.S.Milwaukee.o.D. [Jan./Feb.1939].
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik