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3 Briefe
Denn ich spüre fortwährend, dass manche Dinge, die gebannt scheinen,
wiederkommen,unddassmirnicht erspartbleibenwird,wasvonmir
hinweggenommenschien.
Bitte schreiben Sie mir doch gleich. Ich freue mich unendlich ĂĽber
Ihre Briefe. Ich schreibe heute noch eine ganze Novelle fertig, die ich an
Pia, zumKopieren, schickenwill.DasWetter ist schön–aberwashabe
ichdavon. Ich sitze fortwährend imZimmer. Ichbin schrecklichmager.
Ichhabe so sehrabgenommen.
DasSchönsteundLiebste! Ihr
René.
12)AnMariaCharlotteSweceny,o.O. [St.Wolfgang],o.D.
[AnfangOkt. 1938]
LiebeLotte,
unsere Briefe haben sich gekreuzigt. Ich fĂĽhre schrecklich gerne am 8.
JännermitderMilwaukeeaufdieAmerikareise.KönntenSie’smöglich
machen, sowäreesbezaubernd!– IchhatteheuteeinenZusammenstoß,
dass die Funken flogen. Hoffentlich wird der Wagen rechtzeitig fertig.
Ichhoffedoch. Ichhabe Ihnen ja schongeschrieben,das icham17.oder
18. inWienseinwill. Ichhabeheute, auĂźerdemZusammenstoĂź,den
ganzenTaggearbeitet. IcharbeiteaneinemsehrkompliziertenRoman
mitStammbäumenundGaunern. IchhabedenganzenTagVormittag
einen Stammbaum zusammengestellt, der mich aber noch immer nicht
befriedigt. Jetzt ist esMitternacht, und ich schreibenochdiesenBrief.
Es ist schade, dass es nicht mehr Sommer ist, aber ich freue mich,
dassesHerbst istunddass ichSiebaldwiedersehe. Ichbinmeist sehr
unglĂĽcklich, aber ich glaube, wenn ich Sie wiedersehe, wird es gut
werden. Ichhabebemerkt, dass ichalle siebenJahre ineineernstliche
Krise komme. Wie wird diese jetzt vorĂĽbergehen? Und welche wird die
letzte sein? Ichhabesounendlichvielgearbeitet, ichhabesoschrecklich
viel erlebt.Wenn icheinGedächtnishätte,würdensich,wieBerge,die
Erinnerungenhäufen,nichtanDingevielleicht, andiemansich sonst
erinnert, aber an andere, die wichtiger sind. Wie zäh das Leben ist! Nur
dann endet es wieder, wie wenn ein Strohhalm weggeblasen wĂĽrde. Es
gibt eine innere Dauer der Dinge, die wir nicht sehen, und es gibt ein
inneresEndederDinge.Mankannesnicht voraussehen. Ichgäbeviel
darum,wenn icheinmal eineVisionhätte.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik