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2. Die algorithmische Choreographie
des beeindruckbaren Subjekts1
Lucas D. Introna
einleitung
Werbung ist zum dominierenden Geschäftsmodell des Internets geworden.
Zuckerman, einer der ersten Pioniere auf diesem Feld, weist darauf hin, dass
die Werbung nunmehr »die gesamte ökonomische Grundlage unserer Branche
darstellt, da es die bequemste Variante für die Umsetzung eines Web-Startups
war und die einfachste zur Vermarktung gegenüber Investoren« (Zuckerman
2014). Freilich ist der Umstand, dass die Werbung das Geschäftsmodell des
Internets bildet, historisch kontingent. Weder ist und war diese Entwicklung
notwendig noch ist sie die einzig mögliche. Und doch, sobald sich die Werbung
als standardisiertes Geschäftsmodell einmal etabliert hat, entspringt ihm eine
bestimmte Logik. Man könnte sagen, dass es diese bestimmte Logik erfordert,
oder es gar unabdingbar macht, dass alle Akteure (in der Welt des Internets)
– seien es nun Nutzer, Technologieentwicklerinnen, Werbetreibende, digitale
Unternehmer etc. – auf eine ganz bestimmte Weise positioniert werden. Wo-
rauf es uns ankommt ist der Umstand, dass Werbung ein Publikum benötigt
und zwar nicht lediglich ein Publikum im Sinne einer unbestimmten Gruppe
von Leuten, sondern die richtige Person, welche zur richtigen Zeit die richtige
Werbung sieht. Dies wiederum bedeutet, dass beeindruckbare Subjekte benötigt
werden. Subjekte also, die sich derart beeindrucken lassen – in eine bestimmte
Richtung drücken oder prägen lassen –, dass sie sich mit hoher Wahrschein-
lichkeit konvertieren2 lassen. Die Aufforderungen lauten hier: Tue etwas für
das Unternehmen dessen Werbung Du siehst, registriere Dich auf der Web-
1 | Im englischen Original ist vom »impressionable subject« die Rede. Die Mehrdeutig-
keit von »impressionable« ist in der deutschen Übersetzung schwer einzufangen. A.d.Ü.
2 | »Konversion« (im engl. Conversion) wird hier als Fachbegriff aus dem (Online) Mar-
keting gebraucht. Der Begriff indiziert die Umwandlung einer Zielperson von einem Inte-
ressenten in einen Kunden. A.d.Ü.
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Title
- Algorithmuskulturen
- Subtitle
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Author
- Robert Seyfert
- Editor
- Jonathan Roberge
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 242
- Keywords
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Category
- Technik