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2. Die algorithmische Choreographie des beeindruckbaren Subjekts 61
mit einer hohen ›Markenaffinität‹ etikettiert. Die Browser werden so nach ho-
her und niedriger Markenaffinität gelistet und geordnet. Perlich zufolge wei-
sen die an der Spitze gelisteten Subjekte (diejenigen mit der höchsten Mar-
kenaffinität) »eine mindestens viermal höhere Konversionswahrscheinlichkeit
auf, als eine beliebige Gruppe von Leuten, die die gleiche Werbung sieht«.22
Durch den Aufbau und die Nutzung markenspezifischen maschinellen
Lernens kann ein Subjekt in eine Rangliste potenzieller Zielscheiben (beein-
druckbare Subjekte) eingespeist werden und so in Hinblick auf alle von der
Firma geführten Werbekampagnen klassifiziert werden. Wie schon angedeu-
tet wird das Subjekt an der Spitze gelistet, dessen Set an Webseitenbesuchen
dem Referenzmodell für eine bestimmte Marke am ehesten entspricht. So ent-
steht ein Ranking bis hin zu den Subjekten mit der geringsten Markenaffinität.
In einem solchen maschinell lernenden Modell besitzt jede Webseite einen
Kennwert, der den Beitrag zur Prognosekraft des Modells indiziert. Dement-
sprechend sind auch nicht alle Webseitenbesuche von gleicher Bedeutung für
das Modell. Die Relevanz einer jeden Seite als Datenressource für ein jeweili-
ges Modell wird fortlaufend überprüft um sicherzustellen, dass die jeweiligen
Webseitendaten einen Prognosewert für das entsprechende Markenmodell lie-
fern (Reader et al. 2012). Dieses Ranking an Erfolgsaussichten kann auch als
Zielgruppe bezeichnet werden (oder in unseren Worten, als eine ansteigende
Rangliste beeindruckbarer Subjekte für eine bestimmte Kampagne). Dstillery
verfolgt ungefähr einhundert Millionen solcher ›Prospects‹ zu jeder Zeit. Die
Ranglisten zu jeder Kampagne werden auf der Basis neu verfügbarer Daten
fortlaufend aktualisiert. Folglich wird das Modell in seinem Unterscheidungs-
vermögen auch fortlaufend raffinierter. Das anfängliche Modell zu einer Kam-
pagne wird über einen Lerntransfer aus ähnlichen Kampagnen/Produkten
realisiert (Perlich et al. 2014). Es gilt festzuhalten, dass diese Modelle gemäß
dem Korrelationsprinzip arbeiten. Sie gehen davon aus, dass wir uns ähnlich
verhalten (Konversionsverhalten) wie andere, die sich in einem anderen Zu-
sammenhang (hinsichtlich des Browsing-Verhaltens) ähnlich verhalten haben.
Eben diese Ähnlichkeiten konstituieren uns als beeindruckbare Subjekte mit
bestimmten Markenaffinitäten.
22 | www.fastcompany.com/1840817/media6degrees-knows-what-you-want-buy-
even-you-do (zuletzt abgerufen am 20. Februar 2016).
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Title
- Algorithmuskulturen
- Subtitle
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Author
- Robert Seyfert
- Editor
- Jonathan Roberge
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 242
- Keywords
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Category
- Technik