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2. Die algorithmische Choreographie des beeindruckbaren Subjekts 63
wichtig festzuhalten, dass dies automatisch mittels maschinell lernender Algo-
rithmen vonstattengeht und in einem Zeitrahmen von Millisekunden choreo-
graphiert wird (zwischen Ihrem Klicken auf einer Webseite und der Ankunft
kuratierten Inhalts auf Ihrem Browser). Das erfordert eine extrem komplexe
technische Infrastruktur, welche an dieser Stelle im Sinne des Diskussions-
flusses vereinfacht und verkürzt dargestellt wurde. Die Hervorbringung des
beeindruckbaren Subjekts ist ein großes Geschäft23 und in vielerlei Hinsicht
die Speerspitze der technologischen Innovation der Giganten des Internets.
einige Überlegungen Zur algorithmischen choreograPhie
des beeindrucKbaren subjeKts
»Ihr Konsument ist bereit sich zu entscheiden. Alles was
es benötigt, ist ein kleiner Stups.«
(Webseite Dstillery)
Wir haben mehrfach darauf hingewiesen: Das menschliche Subjekt kommt
nicht einfach als ein beeindruckbares auf die Welt. Ein solches Subjekt muss
mittels vielschichtiger und feinsinniger Choreographisierung hervorgebracht
werden, in die heterogene Assemblagen diffuser Handlungsträgerschaften in-
volviert sind. In den vorausgegangenen Erörterungen haben wir versucht, die
Umrisse dieser Choreographisierungsprozesse zu skizzieren. Dabei haben wir
einen bestimmten Komplex an Strömungen und Bewegungen hervorgehoben,
den wir herkömmlich unter den Begriff ›technischer‹ (oder genauer: algorith-
mischer) Praktiken subsumieren würden. Unsere These besteht indes darin,
dass diese Praktiken nie rein ›technischer‹ Natur sind. Vielmehr geht unse-
re Behauptung dahin, dass solcherart Praktiken von Beginn an immer schon
die Logik – man könnte sagen die Intentionalität – des Ganzen inkorporieren oder
vermitteln. Das materiell-diskursive Ganze (das Internet) inkorporiert bereits
eine bestimmte Logik (ein Geschäftsmodell), welches bestimmte Formen der
Handlungsträgerschaft überhaupt erst hervorbringt. Es handelt sich dabei um
ein Geschäftsmodell, dessen Logik in der Tat auf Werbeeinnahmen beruht.
Das Geschäftsmodell zwingt die Werbung (und implizit das diskursiv-mate-
rielle Ganze) dazu, beeindruckbare Subjekte, also konvertierbare Subjekte her-
vorzubringen. Folglich werden die technischen Innovationen von Beginn an
als Stätten oder Momente der Erzeugung dieser Subjekte vorgestellt, dessen
23 | Dstillery wurde von Forbes als eines der vielversprechendsten Unternehmen iden-
tifiziert. Die Internet-Werbeeinnahmen lagen 2013 allein in den USA bei 42,8 Milliar-
den US-Dollar. www.iab.net/about_the_iab/recent_press_releases/press_release_
archive/press_release/pr-041014 (zuletzt abgerufen am 20. Februar 2016).
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Title
- Algorithmuskulturen
- Subtitle
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Author
- Robert Seyfert
- Editor
- Jonathan Roberge
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 242
- Keywords
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Category
- Technik