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ALJ 1/2016 Daniel Heitzmann 39
stromwegekompetenz auch die Befugnis zur hoheitlichen Bodennutzungsplanung inkludiert,
konnte die Widmungsfestlegung fĂŒr benötigte FlĂ€chen fĂŒr Leitungsanlagen schon bisher mit
der starkstromwegerechtlichen Bau- und Betriebsbewilligung ergehen.121 Diese Raumplanungs-
kompetenz wird mit der Trassensicherung nun schon in einem frĂŒheren Projektstadium aus-
geĂŒbt.
Die in Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG enthaltene Fachplanungsbefugnis des Bundes beschrÀnkt sich
jedoch auf Leitungsanlagen, die sich auf zwei oder mehrere LĂ€nder erstrecken. BloĂ regionale
Starkstromwege hingegen unterliegen der allgemeinen Kompetenz des âElektrizitĂ€tswesen[s],
soweit es nicht unter Art 10 fĂ€lltâ gem Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG, der Bund ist also nur zur Grund-
satzgesetzgebung befugt; AusfĂŒhrungsgesetzgebung und planende Vollziehung obliegen den
LÀndern. Um demnach nicht in die Kompetenzen der LÀnder einzugreifen, können Trassensi-
cherungen gem § 14 Energie-Infrastrukturgesetz nur im Falle von PCI, die elektrische Leitungs-
anlagen sind und sich auf zwei oder mehrere BundeslÀnder erstrecken, getÀtigt werden.122
Trotz dieser Ausnahme regionaler Starkstromwege ist die Kompetenz der Infrastrukturbehörde
hier aber weitgehend: Man kann wohl davon ausgehen, dass Vorhaben, die im gemeinsamen
Interesse von EuropĂ€ischer Union und Mitgliedstaaten stehen, regelmĂ€Ăig solche sein werden,
die ohnedies als ĂŒberregional zu qualifizieren sind und damit auch ohne Kompetenzdeckungs-
klausel in die alleinige ZustĂ€ndigkeit des Bundes fallen wĂŒrden. Dies kann auch bei geographisch
bloĂ in einem Bundesland gelegenen LĂŒckenschlĂŒssen der Fall sein, ist eine Leitungsanlage von
gesamtösterreichischer bzw gesamteuropĂ€ischer Bedeutung doch meist ein grenzĂŒberschreiten-
des Gesamtvorhaben, auch wenn einzelne Teile davon zu verschiedenen Zeitpunkten errichtet
werden. Dabei spricht es umso mehr fĂŒr die Einheitlichkeit einer Leitungsanlage, wenn ein Pro-
jekt den Status eines PCI erhalten hat.123 Die Trassensicherung fĂŒr transeuropĂ€ische Stromlei-
tungen wird also regelmĂ€Ăig möglich sein.
121 Vgl VfSlg 19.456/2011; siehe auch Berka, Starkstromwegeplanung und örtliches Bau- und Raumordnungs-
recht, ZfV 2006, 318 (320); Rill, Die Stellung der Gemeinden gegenĂŒber Bund und LĂ€ndern im Raumordnungs-
recht (1974) 24 f; Rill/SchĂ€ffer, Die Rechtsnormen fĂŒr die Planungskoordinierung seitens der öffentlichen Hand
auf dem Gebiete der Raumordnung (1975) 38; Fröhler/Oberndorfer, Ăsterreichisches Raumordnungsrecht
(1975) 67 f; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung (1975) 185; Hauer in Hauer/NuĂbaumer 303 (304); B. Rasch-
auer in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-SchÀffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht (7. Lfg 2011) Art 10
Abs 1 Z 10 B-VG Rz 151; Berger, Netzwerk Raumplanung â im Spannungsfeld der Kompetenzverteilung (2008)
40.
122 Noch in der Regierungsvorlage zum E-InfrastrukturG (RV 626 BlgNR 25. GP) war vorgesehen, dass eine Kom-
petenzdeckungsklausel den Bund auch zu Festlegungen bezĂŒglich regionaler Starkstromwege befugt und
demnach auch Trassensicherungen fĂŒr PCI ermöglicht, die sich nicht auf zwei oder mehrere BundeslĂ€nder er-
strecken. Mit einer solchen Kompetenzverschiebung zum Bund hÀtte sich ein Trend fortgesetzt, der das Elek-
trizitĂ€tswesen seit dem Beitritt Ăsterreichs zur EuropĂ€ischen Union durchzieht: Immer mehr eigentlich in Aus-
fĂŒhrungsgesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz der LĂ€nder gelegene Regelungsmaterien werden, weil
es die Ăbernahme europarechtlicher Vorgaben in die nationale Rechtsordnung notwendig macht, mittels
Kompetenzdeckungsklausel in die ZustÀndigkeit des Bundes verschoben (siehe zB § 1 ElWOG 2010; § 1 Abs 1
E-ControlG, BGBl I 2010/110; § 1 ĂSG 2012, BGBl I 2011/75; § 1 KWK-Gesetz, BGBl I 2008/111; § 1 EEffG, BGBl I
2014/72). Der Kompetenztatbestand des ElektrizitÀtswesens wÀre so weiter ausgehöhlt worden und die elekt-
rizitĂ€tsrechtliche Gesetzgebung hĂ€tte einen weiteren Schritt in die von B. Raschauer ausgemachte âVerfas-
sungsunehrlichkeitâ gemacht; vgl dazu B. Raschauer, ElektrizitĂ€tswirtschaft zwischen Politik und Recht, in FS
Mantl (2004) 391 (394).
123 Vgl dazu VfSlg 19.456/2011, wo der VfGH (auch) die âtechnische, wirtschaftliche oder netzplanerische Bedeu-
tungâ eines Netzausbauprojekts in seine Beurteilung, ob ein Leitungsvorhaben als regional oder ĂŒberregional
zu qualifizieren ist, einflieĂen lĂ€sst; vgl auch Hauer, Entscheidungsbesprechung VfGH 2.7.2011, V 167/10 ua,
ZTR 2012, 40.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2016
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2016
- Author
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 110
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal