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ALJ 1/2016 Matthias ZuĂźner 47
geht schon von Verfassungswegen mit der Kompetenz in Starkstromwegerechtssachen auch die
Zuständigkeit zum Erlass entsprechender raumordnungsrechtlicher Maßnahmen einher (sog
Fachplanungskompetenz).22 Aufgrund der Generalzuständigkeit der Länder in raumordnungs-
rechtlichen Belangen23 profitiert davon im Ergebnis nur der Bund, soweit seine starkstromwege-
rechtlichen Zuständigkeiten reichen; die Länder verfügen ja in den Belangen des Raumordnungs-
rechts ohnehin ĂĽber eine allgemeine Raumordnungskompetenz nach Art 15 Abs 1 Bundes-
Verfassungsgesetz (B-VG24). Soweit die Grundsatzgesetzgebung des Bundes den Ländern Spiel-
raum dahingehend belässt, ihre Fachplanungskompetenz betreffend landesinterner Starkstrom-
wege im Rahmen der AusfĂĽhrungsgesetzgebung und Vollziehung auszuleben, tritt sie einfach
neben die „eigentliche [dh allgemeine] Raumordnungskompetenz“ der Länder.25
B. Koordinationsbedarf bei der Starkstromwegeplanung
Wie dargestellt, sind schon die Zuständigkeiten im Starkstromwegerecht zwischen Bund und
Ländern geteilt.26 Nun kann der Lebenssachverhalt von elektrischen Leitungsanlagen aber offen-
kundig nicht nur unter starkstromwegerechtlichen, sondern etwa auch unter naturschutzrecht-
lichen, forstrechtlichen oder verkehrsrechtlichen Gesichtspunkten geregelt werden.27 Aus der
„zersplitterten und kleinräumig parzellierten“28 Kompetenzverteilung des B-VG folgt vor diesem
Hintergrund, dass – bei entsprechender Kumulation von Zuständigkeiten unterschiedlicher
Behörden29 – oftmals zur Verwirklichung nur eines einzigen Starkstromweges im Einzelfall gleich
mehrere Bewilligungsverfahren gefĂĽhrt werden mĂĽssen.30 Eine Ausnahme besteht nur insoweit,
als das geplante starkstromwegerechtliche Bewilligungsverfahren der Verpflichtung zur Durch-
führung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterworfen ist.31 Denn die UVP-Behörde vollzieht
im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit alle einschlägigen Materiengesetze und hat daher ggf
auch die starkstromwegerechtlichen Bestimmungen mitanzuwenden.32 Nun statuiert die Bundes-
verfassung zwar KompetenzausĂĽbungsschranken in Form von wechselseitigen RĂĽcksichtnahme-
pflichten zwischen den Gebietskörperschaften, die nicht nur den Gesetzgeber, sondern, gerade
was raumordnungsrechtliche Belange betrifft, gleichermaĂźen die Vollziehung binden (sog BerĂĽck-
22 Aus der Judikatur VfSlg 19.456/2011; aus der Literatur Berka, ZfV 2006, 318; Lienbacher, Raumordnungsrecht, in
Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht8 (2010) 433 (458); Neubauer/Onz/Mendel, Starkstromwege-
recht § 7 StWG Rz 126, 128.
23 Grundlegend VfSlg 2674/1954; Lienbacher in Bachmann et al 458; F. Herbst, Raumordnungsrecht, in Poier/Wieser
(Hrsg), Steiermärkisches Landesrecht. Band 3: Besonderes Verwaltungsrecht (2010) 193 (199).
24 Bundes-Verfassungsgesetz idF von 1929, wv BGBl 1/1930 (zuletzt BGBl I 102/2014).
25 Lienbacher in Bachmann et al 458; vgl auch F. Herbst in Poier/Wieser 199.
26 Siehe oben Kapitel II.A.
27 Zur Gesichtspunktetheorie allgemein Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 297; Öhlinger/
Eberhard, Verfassungsrecht10 (2014) Rz 270, 280 ff.
28 Berka, ZfV 2006, 319. Siehe dazu auch Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 297; Öhlinger/
Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 270.
29 Ă–hlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 280.
30 Berka, ZfV 2006, 319; Neubauer/Onz/Mendel, Starkstromwegerecht § 3 StWG Rz 17 ff, 21 ff, 24 f.
31 Eine solche UVP-Pflicht nach dem 2. Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000),
BGBl 697/1993 (zuletzt BGBl I 14/2014) besteht nach Anhang 1 Z 16 lit a UVP-G 2000 bei Starkstromfreileitungen
mit einer Nennspannung von mindestens 220 kV und einer Leitungslänge von mindestens 15 km bzw nach An-
hang 1 Z 16 lit b UVP-G bei Nennspannung von mindestens 110 kV und mindestens 20 km Leitungslänge in schutz-
wĂĽrdigen Gebieten der Kategorien A und B. Siehe dazu B. Raschauer, Energierecht 56; Neubauer/Onz/Mendel,
Starkstromwegerecht § 7 StWG Rz 11, 14; Lindermuth, Netzplanung 199 (FN 873).
32 Berka, ZfV 2006, 327.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2016
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2016
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 110
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal