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ALJ 1/2016 Peter Jonas 63
D. Training und Kommunikation
Nicht jeder Regelverstoß eines Mitarbeiters geschieht mit Vorsatz. Das Wissen über die Existenz
einer Vorgabe und über die Konsequenzen des eigenen Handelns ist also entscheidend, wenn
man Compliance erreichen will. ISO 19600 verlangt folglich laufende Schulungsmaßnahmen, die
den Mitarbeiter in die Lage versetzen sollen, Compliance Anforderungen zu kennen und entspre-
chend danach zu handeln. Wichtig hierbei ist, dass die Schulungen auf die Funktion des einzelnen
Mitarbeiters abgestimmt und praxisgerecht sind und so den Mitarbeiter in die Lage versetzen, zu
verstehen, was die seinen Arbeitsplatz betreffenden Vorgaben sind. Ein Vertriebsmitarbeiter zB
muss verstehen, was er im Umgang mit Kunden tun darf und was nicht, welche besonderen
Randbedingungen es für Amtsträger gibt und ob Einladungen von Kunden erlaubt sind.
Die Art wie diese Schulungen stattfinden, kann sehr unterschiedlich sein. In großen Unterneh-
men, wenn es darum geht, sehr viele Mitarbeiter in möglichst kurzer Zeit zu schulen, werden sehr
oft Methoden des eLearning eingesetzt, um zumindest das Basiswissen rasch an die Mitarbeiter
zu bringen. Bei komplexeren Themen und vor allem im Bereich der Führungskräfte ist aber eine
Präsenzschulung unabdingbar.
Durch laufende Kommunikation von oben nach unten soll eine Unternehmenskultur geschaffen
und aufrechterhalten werden, in welcher Compliance die Regel ist. Der sog „tone-from-the-top“,
das aktiv kommunizierte Bekenntnis des Top-Managements zum regelkonformen Verhalten als
Grundwert der Organisation bei der Ausübung aller Aktivitäten, ist entscheidend für die Wirk-
samkeit des CMS.
E. Monitoring, interne Audits und Reaktion
Monitoring steht für die Beobachtung des laufenden Betriebs des Compliance-Systems. Hier geht
es um stichprobenhafte (und auch anlassbezogene) Kontrollen der Einhaltung der internen Vor-
schriften durch eine interne Kontrollinstanz (wie zB einer internen Revision). Das bedeutet, dass
konkrete Geschäftsfälle (zB ein Verkaufsvorgang oder die Beschaffung einer Leistung) durch das
Unternehmen selbst geprüft werden.
Weiters sind eine laufende Beobachtung des rechtlichen Umfeldes und die regelmäßige Anpas-
sung der Risikoanalyse erforderlich, um das System zu aktualisieren. Interne Audits sind System-
checks durch das Unternehmen selbst. Im Gegensatz zum Monitoring wird dabei weniger das
Verhalten im Unternehmen (also die Compliance selbst), sondern das Compliance-System als
solches einer Überprüfung unterzogen.
Festgestellte Compliance-Verstöße erfordern eine Reaktion des Unternehmens. Dazu gehören
die Untersuchung des Vorfalls, die Festlegung der Konsequenzen des festgestellten Fehlverhal-
tens, sowie die Entscheidung über das weitere Vorgehen. Die Norm kann hier keine konkreten
Handlungsanweisungen geben, wie im Falle von Compliance Verstößen genau vorzugehen ist;
dies ist in jedem Fall durch das Unternehmen festzulegen. Was die Norm aber generell fordert
ist, dass ein Vorfall auf seine Systemrelevanz hin geprüft wird. Korrekturmaßnahmen und Maß-
nahmen zur Verhinderung der Wiederholung des Vorfalls (Präventivmaßnahmen) können als
Konsequenz eines Compliance-Verstoßes erforderlich sein. Das CMS ist dann entsprechend an-
zupassen.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2016
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2016
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 110
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal