Page - 78 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2016
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Fundstelle: Ladler, Haftung und Compliance: Wie beeinflusst eine CMS-Zertifizierung den Sorgfalts-
maßstab? ALJ 1/2016, 78–89 (http://alj.uni-graz.at/index.php/alj/article/view/59).
Haftung und Compliance: Wie beeinflusst eine
CMS-Zertifizierung den SorgfaltsmaĂźstab?
Mona Philomena Ladler*, Universität Klagenfurt
Kurztext: Eine ungenĂĽgende Compliance-Organisation stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung der
Geschäftsleiter dar. CMS-Standards, wie die Norm ISO 19600, bieten Hilfestellungen zur Ausge-
staltung einer Compliance-Organisation und können daher das Haftungsrisiko der Geschäftslei-
tung reduzieren. In diesem Beitrag wird der Frage nach der Rechtsqualität von CMS-Standards
nachgegangen. Es werden die Haftungsfolgen einer Zertifizierung einer Compliance-Organisation
auf Basis von CMS-Standards untersucht und analysiert, ob die ordentliche Sorgfalt die Errich-
tung einer den CMS-Standards entsprechenden Compliance-Organisation gebieten kann.
Schlagworte: ordentliche Sorgfalt; gewissenhafter Geschäftsleiter; Sorgfaltspflicht; Compliance;
Compliance-Organisation; Risikomanagementsystem; Ă–-Normen.
I. Einleitung
Die österreichische Rechtsordnung sieht keine generelle Verpflichtung zur Installierung einer
Compliance-Organisation vor. Wenige ausdrĂĽckliche Anordnungen bestehen im Finanzdienstleis-
tungssektor: So verpflichten § 15 InvFG1 und § 18 WAG2 Finanzdienstleistungsunternehmen zur
Einrichtung einer wirksamen und unabhängigen Compliance-Organisation, die der Art, dem Um-
fang und der Komplexität der Geschäfte entsprechen muss. Auch börsennotierte Unternehmen
haben gem § 82 Abs 5 BörseG organisatorische Vorkehrungen zur Unterbindung von Insiderhan-
del zu treffen und nach dem Ă–sterreichischen Corporate Governance Kodex (Ă–CGK) ein internes
Risikomanagementsystem zu installieren.3 Die Notwendigkeit zur Errichtung einer Compliance-
Organisation ergibt sich schließlich für Unternehmen, die an einer öffentlichen Auftragsvergabe
teilnehmen: Geeignete Maßnahmen zum Beleg der „beruflichen Zuverlässigkeit“, die zur Teil-
nahme am Vergabeverfahren berechtigt, sind gem § 73 Abs 2 BVergG4 ein qualitativ hochwertiges
Berichts- und Kontrollwesen, die Einschaltung eines internen Organs zur regelmäßigen Überprü-
fung der Einhaltung der maĂźgeblichen Vorschriften und interne Haftungs- und Schadenersatzre-
* Postdoc-Ass. Dr. Mona Philomena Ladler, Bakk. lehrt am Institut für Rechtswissenschaften an der Universität
Klagenfurt. Der Beitrag basiert auf dem am 11. 12. 2015 in Graz im Rahmen der Tagung „Recht und IT: Compli-
ance-Management. Standards – Tools – Haftung“ gehaltenen Vortrag der Verfasserin. Für hilfreiche Anmerkungen
gebĂĽhrt Univ.-Prof. Dr. Christoph Kietaibl aufrichtiger Dank.
1 Investmentfondsgesetz (InvFG) 2011 BGBl I 2011/77.
2 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) 2007 BGBl I 2007/60.
3 Vgl Regeln 9, 15, 40, 70 ÖCGK idF Jänner 2015.
4 Bundesvergabegesetz (BVergG 2006) BGBl I 2006/17.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2016
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2016
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 110
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal