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ALJ 2018 Elisabeth Staudegger 4
Vater des monolithisch konstruierten, heute noch geltenden UrhG 1936, der Entwurf verkenne
nicht „die Notwendigkeit, den Urheber dagegen zu schützen, daß das Werk ohne seine Einwilligung
veröffentlicht wird“.16 Da ein ausschließliches Veröffentlichungsrecht aber mit anderen absoluten
Werknutzungsrechten konfligieren könnte, wurde es strukturell bei den einzelnen Verwertungs-
rechten mitberücksichtigt. Auch durch völkerrechtliche Vorgaben (insb Art 3 RBÜ17) ist das Veröf-
fentlichungsrecht eindeutig klargestellt. Im Übrigen macht § 14 Abs 3 UrhG expressis verbis deut-
lich, dass die erste Mitteilung des Inhaltes eines Werkes dem Urheber vorbehalten sein soll.18
Neben der Veröffentlichung behält das Urheberrecht den UrheberInnen weitere Nutzungshand-
lungen in Form ausdrücklich gewährter Verwertungsrechte ausschließlich vor. Dazu zählen insb
die Vervielfältigung des Werkes (§ 15 UrhG), die Verbreitung von Werkstücken (§ 16 UrhG), das
Verleihen (§ 16a UrhG) und das interaktive Online-Zurverfügungstellen (§ 18a UrhG) des Werkes.
Gleichzeitig regelt der Gesetzgeber Ausnahmen und Beschränkungen, in österr Terminologie
„freie Werknutzungen“, die die Nutzung von Werken in bestimmtem Ausmaß und Umfang erlau-
ben und so insb die Forschung19 begünstigen.
Während wissenschaftliche Erkenntnisse grundsätzlich gänzlich urheberrechtsfrei bleiben,20
schützt das Urheberrecht das Werk, auch wenn es inhaltlich wissenschaftlich ist.21 Dissertationen
sind daher nach österr UrhG zweifelsohne als Werke der Literatur geschützt.22 Das gilt im monisti-
schen, am Menschen als Schöpfer ausgerichteten österr Urheberrecht völlig ohne Einschränkung,
daher auch für im Zuge eines Drittmittelprojekts oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses an
einer Universität verfasste Dissertationen. Die Selbständigkeit der VerfasserInnen bekräftigt § 106
UG neuerlich.23 Damit sind die AutorInnen berechtigt zu entscheiden, ob und wann ihr Werk
veröffentlicht werden soll. Ihnen steht es nach § 24 iVm 31 UrhG aber frei, sich vertraglich (auch
im Vorhinein) zu binden.
B. Studienrecht: Zur Entwicklung der „Veröffentlichungspflicht“ (§ 86 UG)
Der II. Teil des geltenden UG ist dem Studienrecht gewidmet. Die Konzentration der zuvor in
unterschiedlichen Gesetzen geregelten universitätsrechtlichen Bestimmungen – Organisations-
recht, Studienrecht und Personalrecht – in einem einzigen Bundesgesetz, war ein vom Gesetzge-
ber bewusst verfolgtes Ziel.24 Im 5. Abschnitt, §§ 80–86 UG, sind die wissenschaftlichen und
16 ErläutRV UrhG 1936: Peter, Urheberrecht (1954) 473 (502 f).
17 Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. 9. 1886, vervollständigt in Paris am
4. 5. 1896, revidiert in Berlin am 13. 11. 1908, vervollständigt in Bern am 20. 3. 1914 und revidiert in Rom am 2. 6.
1928, in Brüssel am 26. 6. 1948, in Stockholm am 14. 7. 1967 und in Paris am 24. 7. 1971 BGBl 1982/319.
18 Kucsko in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 1 UrhG Rz 19 (Stand 1. 4. 2017, rdb.at); Anderl in Kucsko/Handig, urhe-
ber.recht2 § 14 UrhG Rz 5 (Stand 1. 4. 2017, rdb.at). Auch Walter, Urheberrecht Teil I Rz 935 ff erkennt darin zu-
mindest den Ansatz eines eigenständigen Veröffentlichungsrechts.
19 Vgl insb insb § 42 Abs 2 und 7, § 42f sowie § 56b UrhG.
20 Walter, Urheberrecht I Rz 152 und 172 f; Ciresa, Urheberrecht § 2 UrhG Rz 8 (16. Lfg Dezember 2013).
21 Zur Unterscheidung der wissenschaftlichen Erkenntnis als solche von der Form ihrer Darstellung vgl OGH 4 Ob
274/02a (Felsritzbild) MR 2003, 162 (Walter) = ecolex 2004, 42 (Schumacher); aus der urheberrechtlichen Literatur
dazu insb Walter, Urheberrecht I Rz 173 mwN.
22 OGH 4 Ob 274/02a (Felsritzbild) = MR 2003, 162 (Walter) = ecolex 2004, 42 (Schumacher); aus der Literatur statt
aller Walter, Urheberrecht I Rz 172 f mwN.
23 Eine weitere Vertiefung des Themas soll hier nicht erfolgen; Vgl dazu Müller, Wie greifbar ist das geistige Eigen-
tum an der Universität? in Hauser (Hrsg), Hochschulrecht Jahrbuch 2013 (2013) 379, und Titscher, Das Recht auf
Veröffentlichung im Spannungsverhältnis zur Drittmittelforschung, zfhr 2008, 171 jeweils mwN.
24 ErläutRV 1134 BlgNR 21. GP 66.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal