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ALJ 2018 Open-Access-Veröffentlichungspflicht für Dissertationen 11
schränkung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch im § 42 Abs. 5 Z 1 geworden“.63 Tatsächlich
fordert § 42 Abs 5 Z 1 nun generell für alle Formen der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch
bei technikunterstützter Vervielfältigung64 ganzer Bücher oder Zeitschriften die Einwilligung des
Berechtigten, nimmt aber nicht erschienene Werke davon wieder aus. Damit stand im Rahmen
aller freien Werknutzungen nach § 42 – der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch (Abs 1), zum
eigenen Schulgebrauch (Abs 3) und zum eigenen Gebrauch von Sammlungen (Abs 4) – die Ver-
vielfältigung auch ganzer Dissertationen offen, sobald diese veröffentlicht waren.
Die Bibliotheksausnahme nach § 42 Abs 4 UrhG wurde im Zuge der UrhG-Nov 2003 in § 42 Abs 7
UrhG verschoben, blieb aber inhaltlich bis zur UrhG-Nov 201565 unverändert. Seit 1. 10. 2015 ist
die Bestimmung um die Möglichkeit der Anfertigung von Vervielfältigungsstücken für ein eigenes
Archiv der Sammlung erweitert. Z 2 leg cit, der die oben beschriebene Nutzung unveröffentlichter
Werke wie Dissertationen normiert, wurde davon jedoch nicht berĂĽhrt. Die Erlaubnis zur Anferti-
gung von Kopien auf Bestellung fĂĽr Dritte blieb inhaltlich weitgehend bestehen.66
Festzuhalten ist, dass die UrhG-Nov 1996 weitgehende Nutzungsmöglichkeiten für Bibliotheken
eröffnete, die die Veröffentlichung (nicht aber das Erscheinen) des Werkes voraussetzen. Das
Modell der studienrechtlichen „Veröffentlichungspflicht“ basierte in der Folge auf dieser voran-
gehenden Änderung des Urheberrechts: § 42 UrhG idF BGBl 1996/151 erlaubte die Nutzung „ver-
öffentlichter, aber nicht erschienener“ Werke im engen Rahmen der näher ausformulierten freien
Werknutzung; erst § 65 UniStG normierte aber, dass AbsolventInnen durch Übergabe eines
Werkstückes an die Bibliothek dieses Werk auch tatsächlich – im urheberrechtlichen Sinne – ver-
öffentlichen.
C. Vervielfältigung zum eigenen Forschungsgebrauch (2003)
Die Info-Soc-RL 2001/29/EG67 zielt auf den Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutz-
rechte im Rahmen des Binnenmarkts, insb in Bezug auf die Informationsgesellschaft, ab.68 Sie
harmonisiert unter Abstellen auf die erweiterten Nutzungsmöglichkeiten der Digitaltechnologie
das Vervielfältigungsrecht (Art 2), das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken inkl dem
Recht der öffentlichen online-Zugänglichmachung (Art 3) sowie das Verbreitungsrecht (Art 4)
unionsweit und eröffnet einen taxativen Katalog von Ausnahmen und Beschränkungen (Art 5).
Im Zuge ihrer Umsetzung69 in Ă–sterreich wurde iZm den freien Werknutzungen die Unterschei-
dung zwischen analogen und digitalen Speichermedien nötig sowie die Differenzierung zwischen
„eigenem“ und „privatem“ Gebrauch. Die Materialien weisen aus, dass bezweckt war, die beste-
henden freien Werknutzungen soweit wie möglich aufrecht zu erhalten.70
63 ErläutRV 3 BlgNR 20. GP 21, 22.
64 Verstanden als „mit Hilfe reprographischer oder ähnlicher Verfahren“ hergestellt.
65 BGBl I 2015/99.
66 Sie wurde lediglich im Zuge der UrhG-Nov 2003 zugunsten erleichterter Medienbeobachtung um Z 3 (Vervielfälti-
gung nach § 42 Abs 3, Berichterstattung über Tagesereignisse) ergänzt.
67 RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter
Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl L 2001/167, 10.
68 Anwendungsbereich nach Art 1 RL 2001/29/EG.
69 BGBl I 2002/32, Urheberrechtsgesetz-Novelle 2003 – UrhG-Nov 2003 auf Basis von RV 40 BlgNR 22.GP.
70 ErläutRV 40 BlgNR 22.GP 32.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal