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ALJ 2018 Elisabeth Staudegger 12
Da Art 5 Abs 3 lit a RL 2001/29/EG71 zugunsten nicht-kommerzieller Forschung weitgehende Aus-
nahmen oder Beschränkungen in Bezug auf Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe erlaubt,
konnte der österr Gesetzgeber für die Forschung die freie Werknutzung des „eigenen“, analoge
wie digitale Speichermedien umfassenden Gebrauchs beibehalten. Dies fĂĽhrte zur Normierung
einer eigenständigen Ausnahme „zum eigenen Gebrauch zu Zwecken der Forschung“. Art 42 Abs 2
UrhG erlaubt seither ausdrücklich „[j]edermann [...] von einem Werk einzelne Vervielfältigungstücke
auf anderen als den in Abs. 1 genannten Trägern [nämlich Papier oder ähnliche „analoge“ Träger;] zum
eigenen Gebrauch zu Zwecken der Forschung her[zu]stellen, soweit dies zur Verfolgung nicht kommer-
zieller Zwecke gerechtfertigt ist.“
Daneben blieb die oben beschriebene, 1997 eingeführte „Bibliotheksausnahme“ bestehen. Sie
wurde zwar in Abs 7 verschoben und um die sog „Archivausnahme“ erweitert, blieb bzgl der hier
interessierenden Nutzung unveröffentlichter Werke aber unverändert aufrecht.
D. Urh-Nov 2015: Archiv, Zitat, Zweitverwertungsrecht und Kopienversand
auf Bestellung
Die umfassende Urh-Nov 2015 diente der Modernisierung dringend ĂĽberarbeitungsbedĂĽrftiger
urheberrechtlicher Bestimmungen.72 Sie brachte im hier interessierenden Zusammenhang der
Forschungsprivilegierung insb die Ausweitung des eigenen Gebrauchs von Sammlungen auf die
sog „Archivausnahme“ (§ 42 Abs 7 Satz 1)73 sowie die Neuregelung des Zitats (§ 42f). Sie führte
aber auch zur Ausweitung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch eines anderen (§ 42a
Abs 2) und zur EinfĂĽhrung eines Zweitverwertungsrechts fĂĽr UrheberInnen wissenschaftlicher
Beiträge (§ 37a74).
Die Urh-Nov 2015 weitet die in § 42a normierte Möglichkeit der Anfertigung und Übermittlung
auch digitaler Kopien auf die Bestellung zum Forschungsgebrauch eines anderen (und damit ein
zeitlich unbefristetes Überlassen der Kopie) erheblich aus. Danach dürfen „[d]er Öffentlichkeit
zugängliche Einrichtungen, die Werkstücke sammeln, […] auf Bestellung unentgeltlich oder gegen ein
die Kosten nicht übersteigendes Entgelt Vervielfältigungsstücke auf beliebigen Trägern zum eigenen
Schulgebrauch oder zum eigenen oder privaten Gebrauch für Zwecke der Forschung herstellen.“ Die
71 Art 5 Abs 3 lit a RL 2001/29/EG lautet: „Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Be-
schränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen: a) für die Nutzung ausschließlich
zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, sofern – außer in Fällen, in de-
nen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, wann immer dies möglich ist,
angegeben wird und soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist“.
72 ErlRV 687 BlgNR 25.GP, Vorblatt und WFA.
73 § 42 Abs 7 1. Satz lautet nunmehr: „Der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen, die Werkstücke sammeln, dürfen
Vervielfältigungsstücke zur Aufnahme in ein eigenes Archiv herstellen (Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von
Sammlungen), wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Dies ist auf anderen als den im Abs. 1
genannten Trägern [Papier oÄ; Anm der Verf] aber nur dann zulässig, wenn sie damit keinen unmittelbaren oder mit-
telbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Zweck verfolgen.“
74 § 37a UrhG lautet: „Der Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags, der von diesem als Angehörigem des wissenschaft-
lichen Personals einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungseinrichtung geschaffen
wurde und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, hat auch dann,
wenn er dem Verleger oder Herausgeber ein Werknutzungsrecht eingeräumt hat, das Recht, den Beitrag nach Ablauf
von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen,
soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient. Die Quelle der Erstveröffentlichung ist anzugeben. Eine zum Nachteil des
Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“
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Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal