Page - 57 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2018
Image of the Page - 57 -
Text of the Page - 57 -
ALJ 2018 Christoph Kronthaler 57
den Fällen – die Gegenleistung zur Gänze weg, bedarf es aus naheliegenden Gründen keiner
Anpassungssymmetrie mehr.
6. Möchte der Kreditgeber beim Verbraucherkredit eine Untergrenze („Zinsfloor“) festsetzen,
bedarf es beim Verbraucherkredit zwingend einer Obergrenze („Zinscap“). Ein Mindestzinssatz
limitiert die zukünftigen „Zinsänderungschancen“ des Kreditnehmers, während er nach oben hin
weiter einem unbegrenzten „Zinsänderungsrisiko“ ausgesetzt wäre. Unter diesen Voraussetzun-
gen ist die von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG geforderte Aufrechterhaltung der ursprünglichen vertragli-
chen Äquivalenz nicht gewährleistet.
7. Eine Aufspaltung des Sollzinssatzes in einen fixen und einen variablen Teil, die alleine dazu
dient, ĂĽber diesen Umweg einen von der Rsp abgelehnten Mindestsollzinssatz zu begrĂĽnden, ist
gem § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unzulässig. Dies ergibt sich mE aus einer extensiven, von einem funktio-
nalen Verständnis des Zinsbegriffs ausgehenden Gesetzesinterpretation. Wollte man dieser Auf-
fassung nicht folgen, stellt sich die Frage, ob die Aufspaltung des Sollzinssatzes in zwei Teile nicht
eine Gesetzesumgehung (§ 879 Abs 1 ABGB) bewirkt.
8. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Verbraucherschutzrechts ist § 1056 ABGB der rele-
vante Maßstab für Zinsänderungsklauseln. Nach der Judikatur müssen Zinsänderungsklauseln
auch im Bereich unternehmensbezogener Rechtsgeschäfte zweiseitig ausgestaltet und vom Wil-
len des Kreditgebers unabhängig sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Mindestverzinsungs-
klausel stets unzulässig sein muss. Tatsächlich ist für eine solche eine sachliche Rechtfertigung
erforderlich. Diese kann etwa in der Gewährung eines – nach billigem Ermessen festgesetzten –
„Zinscaps“ oder eines geringeren Aufschlags auf den Referenzzinssatz bestehen.
back to the
book Austrian Law Journal, Volume 1/2018"
Austrian Law Journal
Volume 1/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 68
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal