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Austrian Law Journal, Volume 1/2019
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Page - 20 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2019

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ALJ 2019 Moritz Zoppel 20 oder fiktiven Ereignisses kann auf einen intensiven Meinungsaustausch blicken.4 Der Grund dafür lässt sich leicht erklären: Es könnten Geschehensabläufe entscheidende Bedeutung erlangen, die nie stattgefunden haben oder zumindest den konkreten Schaden oftmals nicht mehr verursachen konnten. Damit steht letztlich die juristische Tragweite der Frage: „Was wäre wenn?“ zur Diskus- sion. II. Ausgangspunkt In einer aktuellen Entscheidung setzte sich der Oberste Gerichtshof mit der Kausalität eines nicht eingeholten medizinischen Rates im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall auseinander. Eine an Parkinson erkrankte Frau hatte mit ihrer Vertrauensärztin nie über die Wirkung eines Medika- ments auf die Fahrtauglichkeit gesprochen. Das sei der Patientin – anders als ein späterer Ver- kehrsunfall unter Medikamenteneinfluss – zwar grundsätzlich vorwerfbar, hätte sich aber gar nicht auf den Verlauf des Geschehens ausgewirkt. Die Ärztin hätte nämlich, wenn man sie danach ge- fragt hätte, ohnehin einen medizinisch falschen Rat erteilt und kein Problem hinsichtlich der Fahr- tauglichkeit attestiert. Der durch den Unfall bedingte Schaden wäre demgemäß auch bei sorgfälti- gem Verhalten der Patientin – wenn sie mit ihrer Ärztin über die Nebenwirkungen gesprochen hätte – jedenfalls eingetreten. Die Haftung wurde in der Folge verneint.5 Die Entscheidung ist für die Reichweite der Entlastungswirkung von Hypothesen bei der Kausali- tätsprüfung beachtenswert. Dass ähnliche Fallkonstellationen von Caemmerer vor rund 60 Jahren bereits weitgehend ratlos zurück ließen, lässt die Schwierigkeiten, die einem auf der Suche nach Lösungen begegnen könnten, erahnen.6 Vor diesem Hintergrund wird versucht, zu klären, ob das hinzugedachte Verhalten eines Dritten für den realen Schädiger zu einem Entfallen seiner Haftung führen kann. Ziel des Beitrages ist es, eine Grenze der zivilrechtlichen Kausalität etwas klarer zu definieren.7 Die Sachverhaltskonstellationen, in denen man bei der Kausalitätsprüfung zu Hypo- thesen greift, können deutlich variieren. Den „einen typischen Fall“ gibt es nicht.8 Dennoch sollen einem Entfall der Haftung des Anlageberaters kommen. Zur hypothetischen Alternativveranlagung und Anleger- schäden siehe etwa P. Bydlinski, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung: Schaden und Schadenersatz, ÖBA 2008, 159; Koziol, Zum Ersatzanspruch unzulänglich aufgeklärter Anleger, in FS Picker (2010) 523 (536 ff); Wendehorst, Anlageberatung, Risikoaufklärung und Rechtswidrigkeitszusammenhang, ÖBA 2010, 562; Leupold/Ramharter, An- legerschaden und Kausalitätsbeweis bei risikoträchtiger hypothetischer Alternativanlage, ÖBA 2010, 718; Kodek, Ausgewählte Fragen der Schadenshöhe bei Anlegerschäden, ÖBA 2012, 11; P. Bydlinski, Anlageberaterhaftung: Beweislast, Beweismaß, Beweiswürdigung und Non liquet hinsichtlich Schaden(shöhe) und Kausalität, ÖBA 2012, 797; Trenker, Die hypothetische Alternativveranlagung, ÖJZ 2013, 2; aus der Judikatur siehe statt vieler OGH 30.3.2011, 7 Ob 77/10i. 4 Deutsch, Haftungsrecht/I 168: „Die Palette der Meinungen weist im übrigen Extreme und vielerlei Schattierungen auf“; aus der Perspektive des common law Hart/Honoré, Causation in Law2 (1985) 248. 5 OGH 26.6.2017, 2 Ob 117/16v = EvBl 2017/155 (Zoppel), siehe auch Die Presse, Beipackzettel lesen und Arzt fragen (29.1.2017). Da es um die Frage nach dem Mitverschulden der Lenkerin ging, prüfte der OGH, ob ihr sorgloses Verhalten kausal war. Die Entscheidung wurde zur Erledigung einer Beweisrüge durch das Berufungsgericht auf- gehoben; Zur Entscheidung detaillierter siehe IV.B.2. Zur Entlastungswirkung der hypothetischen Kausalität jüngst OGH 28.2.2018, 6 Ob 234/17f. 6 von Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität 4, 30 ff stellt sich die Frage, ob ein Apotheker, der ein Medikament ohne Rezept verkauft, welches anschließend zum Tod eines Kindes führt, sich darauf berufen könne, dass der Hausarzt das Rezept ohnehin ausgestellt hätte, wenn man ihn gefragt hätte; vgl schon von Caemmerer, Das Problem des Kausalzusammenhanges im Privatrecht (1956). 7 Siehe zum deutschen Recht Gebauer, Hypothetische Kausalität 386; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich (1999) 106, 127 ff; zu verwandten Fragestellungen im Strafrecht grundlegend Burgstaller, Zu den objektiven Grenzen der Fahrlässigkeitshaftung. Moderne Strafrechtsdogmatik in einem praktischen Fall, AnwBl 1980, 99 (102). 8 Gebauer, Hypothetische Kausalität 12 ff; vgl Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht5 (2016) 307.
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Austrian Law Journal Volume 1/2019
Title
Austrian Law Journal
Volume
1/2019
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
126
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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