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Austrian Law Journal
Austrian Law Journal, Volume 1/2021
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Page - 5 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2021

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ALJ 2021 Schadenersatz 5 III. Der Standpunkt der Lehre Überblicksmäßig lässt sich die Kontroverse im Schrifttum26 folgendermaßen zusammenfassen: Die ältere Lehre27 befürwortet zumindest überwiegend die Verschuldensunabhängigkeit des Ersatzanspruchs nach § 46 ABGB.28 Die jüngeren Stellungnahmen treten hingegen tendenziell öfter für eine Verschuldenshaftung ein.29 Eine Vorreiterrolle für diesen Meinungsumschwung dürfte die Untersuchung Koziols30 zu den schadenersatzrechtlichen Folgen des Verlöbnisrücktrittes gehabt haben. Koziol stützt seine Zweifel an einer verschuldensunabhängigen Haftung wohl primär mit dem Argument, dass das historische Verständnis des § 1311 ABGB, als dessen Unterfall die 26 Auch die Rsp liefert kein eindeutiges Bild: In der E 5 Ob 377/60 (JBl 1961, 320 [Gschnitzer]) spricht der OGH aus, dass die Schadenersatzpflicht nach § 46 ABGB „nicht auf Verschulden beruht“ (s auch schon OGH 3 Ob 758/29 JBl 1930, 15, wo der OGH der Anschauung der Revision nicht beipflichtete, die für eine Haftung nach § 46 ABGB auch das Vorliegen von Verschulden für erforderlich gehalten hat; OLG Linz 1 R 85/67 EFSlg IV 7649). Dagegen führt die E 2 Ob 7/67 (SZ 40/15) aus, dass das Erstgericht nicht zu erörtern brauchte, „aus wessen Verschulden das Verlöbnis aufgelöst wurde“ und in der E 1 Ob 119/69 (SZ 42/94) hat es der OGH für entbehrlich erachtet, die Frage des Mitverschuldens der Klägerin am Scheitern des Eheplanes zu erörtern, weil sie auch den Bereicherungsanspruch geltend machte. Im Jahr 1872 judizierte der OGH (5.9.1872, Nr 7338 GlU 4700) sogar, dass die Ersatzpflicht nur eintritt, wenn den Zurücktretenden ein „Verschulden zur Last fällt, weil der §. 46 a.b.G.B. desfalls keine besonderen Bestimmungen enthält, mithin die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechtes über den Schadenersatz, daher auch jene des §. 1215 a.b.G.B. Anwendung finden müssen.“ Das Verschulden erblickte der OGH (allerdings) bereits darin, dass der Beklagte „ohne jede gegründete Ursache von dem Verlöbnis zurückgetreten ist.“ (s auch OGH 6.3.1884, Nr 901 GlU 10857). Einer ähnlichen Formulierung bediente sich der OGH in der E 1 Ob 360/50 (JBl 1950, 552). Dort heißt es nämlich, dass „[d]er nach § 46 ABGB an der Auflösung der Verlobung schuldige Teil“ Ersatz zu leisten habe (zu berücksichtigen ist wohl aber, dass sich in concreto der Beklagte „brutal gegen die Klägerin verhalten und ihre Kinder mißhandelt“ hatte). Im Übrigen wird der Rsp wenig Aussagekraft attestiert, weil in den veröffentlichten Entscheidungen kein Fall tatsächlich fehlenden Verschuldens vorgelegen sei und somit nur obiter dicta abgegeben worden seien (Ferrari in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB I5 [2018] § 46 Rz 5). 27 Dolliner, Das österreichische Eherecht, Erster Band² (1848) 20 f; Pfaff, Zur Lehre von Schadenersatz und Genugthuung nach österreichischem Recht, Ein Gutachten (1880) 44 in Fn 132; ders, Der Codex Theresianus und seine Umarbeitungen, JBl 1887, 449 (450 in Fn 98 aE); ders, Die Clausel: Rebus sic stantibus in der Doctrin und der österreichischen Gesetzgebung, in FS Unger (1898) 221 (352 in Fn 1); Winiwarter, Das Oesterreichische bürgerliche Recht, Erster Theil (1831) 170, der allerdings bei Rücktrittsursachen, die schon vor dem Eheverlöbnis vorhanden waren, den Schadenersatz nur nach „allgemeinen Grundsätzen“ in Betracht zieht, und bei einseitiger Kenntnis des Hindernisses davon ausgeht, dass durch die Eheschließung mit Wissen und Willen ein Schaden verursacht, „folglich ein Verschulden begangen“ wird; Anders, Grundriß 24; Krasnopolski, GZ 1904, 379, 388, 395 (397 mit Hinweis auf GlU 4700 [s dazu in Fn 26] in Fn 122); Dniestrzański, Zur Lehre vom Verlöbnis, GrünhutsZ 33 (1906) 87 (161 ff); Köstler, Österreichs Eherecht4 (1948) 3; Wentzel in Klang, ABGB I/1² 340 f. AA Prockner, Ansichten über das Recht zum Schadenersatze wegen eines Rücktrittes von einem Eheverlobnisse, Der Jurist X (1843) 387 (415 ff); Pachmann, Bemerkungen zur Lehre vom Schadenersatze wegen aufgelöste Eheverlöbnisse, Österreichische Vierteljahresschrift für Rechts- und Staatswissenschaft 1859, 64 (76 f); Rittner, Österreichisches Eherecht (1876) 360 f. 28 So bereits die Einschätzung von Oberhofer, ÖJZ 1994, 433 (436 mwN zu beiden Ansichten in den Fn 32 ff). 29 Pichler, Einige Probleme des neuen Eherechts, JBl 1981, 281 (282); Mair, Verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch nach Rücktritt vom Verlöbnis? ÖJZ 1994, 844 (insb 847); Stabentheiner in Rummel (Hrsg), ABGB³ (2000) § 46 Rz 3; Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), ABGB (Klang)3 (2006) § 46 Rz 2; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 46 ABGB Rz 11; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB I4 (2011) § 46 Rz 5; Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB I5 § 46 Rz 5; dies in Schwimann/Neumayr (Hrsg), ABGB5 (2020) § 46 Rz 3; Koch in Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), ABGB6 (2020) § 46 Rz 3; Hopf/Kathrein, Eherecht³ (2014) § 46 ABGB Rz 6; s auch Smutny in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.07 (Stand: 1.8.2020) § 46 Rz 8 (wohl offenlassend allerdings aaO Rz 14). AA Schwind, Kommentar zum österreichischen Eherecht² (1980) § 46 ABGB Rz 2.1.3; ders in Ehrenzweig (Hrsg), System des österreichischen allgemeinen Privatrechts³ (1984) 14; Oberhofer, ÖJZ 1994, 433 (437 f); Sagerer/Schiavon, Partnerschaft, Ehe und Scheidung (2012) 23; Kerschner/Sagerer-Forić/Schoditsch, Bürgerliches Recht V7 (2020) 21. 30 Koziol, Die schadenersatzrechtlichen Folgen des Rücktrittes vom Verlöbnis, JBl 1975, 61 ff; s außerdem in jüngerer Zeit daran festhaltend Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II3 (2018) A 6 Rz 303.
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Austrian Law Journal Volume 1/2021
Title
Austrian Law Journal
Volume
1/2021
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
59
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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