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Austrian Law Journal, Volume 1/2021
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Page - 10 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2021

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ALJ 2021 S.-F. Kraus 10 Vertrauen nicht funktioniert. Da jede rechtsgeschäftliche Absicherung gegen das Nichteingehen der Ehe demgemäß nur zulässig ist, soweit sie sich mit dem Schutz der Eheabschlussfreiheit der Verlobten in Einklang bringen lässt, steht das Rechtsgeschäft als das primär gedachte Selbstgestaltungsmittel für die Absicherung möglicher zukünftiger Unwegsamkeiten nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Hinzu kommt, dass eine gesonderte Vereinbarung zu den Folgen des „Scheiterns der Verlobung“ auch noch insoweit überflüssig ist, als das ABGB das Rechtsverhältnis, das die Verlobung begründet, durch die Haftungsregelung des § 46 ABGB ergänzt. Damit schließt das ABGB zumindest in einem beachtlichen Teil die Lücke, die sich durch den verständlichen Verzicht der Verlobten auf Selbstgestaltung auftut. 3. Aus den Beratungsprotokollen zum ABGB Nach diesen Überlegungen drängt sich eine Frage auf: Lässt sich die These, dass der zum Schadenersatz verpflichtende Umstand vom Scheitern der Eheschließung zur Äußerung zu verlagern ist, die dem Verlöbnis zugrunde liegt und beim Geschädigten die Erwartung des Eheschlusses weckt,57 auch mit den Vorstellungen der ABGB-Redaktoren in Einklang bringen? Das ist in der Tat der Fall, weil diese These in den Beratungen zum ABGB eine Stütze findet. Die Mehrheit der Redaktoren ist nämlich davon ausgegangen, „den Eheverlobnissen keine Wirkung beizulegen“.58 Sie haben es jedoch für „billig und in dem Naturrechte gegründet“ erachtet, „daß der zurücktretende Theil dem anderen schuldlosen Theile denjenigen Schaden ersetze, welchen er ihm durch das vorhergegangene Versprechen verursachet hat.“59 Darin liegt ein Fingerzeig, dass es der Vorstellung der Redaktoren nicht zuwiderläuft, die Schadenshaftung auf der dem Versprechen zugrundeliegenden Erklärung, sich in Zukunft zu ehelichen, beruhen zu lassen.60 4. Zum Gesetzeswortlaut Diese Stütze in den Gesetzesmaterialien erhärtet ein Blick auf die Formulierung des Haftungstatbestands. Beim Blick auf den Gesetzeswortlaut fällt nämlich auf, dass § 46 ABGB nicht von der Berechtigung eines Teils spricht, den Ersatz des Schadens vom anderen zu begehren, welchen dieser ihm aus dem Rücktritt zugefügt hat (vgl dazu § 1295 Abs 1 ABGB). Vielmehr knüpft § 46 ABGB sprachlich an den Grundsatz an, dass das Eheverlöbnis keine rechtliche Verbindlichkeit nach sich zieht.61 Das Anknüpfen an § 45 ABGB vermag nämlich zu erklären, warum § 46 ABGB formuliert, dass nur einem näher bestimmten „Teile“, der Anspruch auf Schadenersatz „vorbehalten“ bleibt. Wenngleich demnach das Gesetz in 57 Zu §§ 1298 f BGB hat bereits Canaris (Vertrauenshaftung 544) betont, dass das Heiratsversprechen das Vertrauen des Partners auf den Eheschluss hervorruft. 58 Beratungsprotokolle zum ABGB, abgedr bei Ofner, Protokolle I 70. 59 Beratungsprotokolle zum ABGB, abgedr bei Ofner, Protokolle I 70. 60 Siehe dazu auch die Bemerkung in den Beratungsprotokollen zum ABGB (abgedr bei Ofner, Protokolle I 69 [Hervorhebung durch den Verf]), nach der die Gesetzgebung nach dem Tod Josef II. dazu übergegangen ist, „den Eheversprechen wenigstens insoferne wieder Wirkung beizulegen, daß daraus eine rechtliche Verbindlichkeit zum Ersatze des verursachten Schadens entstehen sollte.“ Auch hat bereits zuvor Sonnenfels daran erinnert, dass das Josephinische Gesetz dem Eheversprechen alle Wirkung genommen hat, um keine unzufriedenen Ehen zu veranlassen. „Diesem Grundsatz zu Folge, habe man auch, um den Rücktritt von einem gemachten Versprechen zu erleichtern, bestimmet, daß nur derjenige Schaden ersetzet werden soll, welcher unmittelbar durch das Versprechen veranlasst worden ist, damit nicht die Partei durch den zu großen Schadenersatz gleichsam mittelbar gezwungen werde, die Ehe dennoch wirklich einzugehen.“ (Beratungsprotokolle zum ABGB, abgedr aaO [Hervorhebung durch den Verf]). 61 Vgl Wentzel in Klang, ABGB I/1² 344 in Fn 37. S auch Schwind in Ehrenzweig, Privatrecht³ 14.
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Austrian Law Journal Volume 1/2021
Title
Austrian Law Journal
Volume
1/2021
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
59
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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