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Austrian Law Journal
Austrian Law Journal, Volume 1/2021
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Page - 14 - in Austrian Law Journal, Volume 1/2021

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ALJ 2021 S.-F. Kraus 14 angenommenen Lage entspricht,“ oder so, „als hätte er die wahre Lage gekannt und daher nicht vertraut;“ er also entweder einen Anspruch auf „Vertrauensentsprechung“ (= „positiver Vertrauensschutz“) oder auf „Ersatz des ,Vertrauensschadensʻ“ (= „negativer Vertrauensschutz“) erhält. Nach dieser Differenzierung von Tatbeständen auf Grund ihrer Rechtsfolgen zählt § 46 ABGB zu den Tatbeständen des negativen Vertrauensschutzes.79 B. Verschuldensabhängiger negativer Vertrauensschutz im ABGB Mit der Erkenntnis, dass § 46 ABGB negativen Vertrauensschutz gibt, ist zugegebenermaßen noch immer nicht viel Neues und Eindeutiges für die Beantwortung der Frage gewonnen, ob § 46 ABGB eine Verschuldenshaftung normiert. Auf Basis dieser Einordnung drängt sich allerdings das Argument in den Vordergrund, dass das ABGB dort, wo es einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschaden gibt, schon seit geraumer Zeit Verschulden verlangt (s § 878 S 3 ABGB80, § 1003 ABGB81). Außerdem ließe sich für das Verschuldenserfordernis im Sinne des Gedankens der Systemeinheit ein zusätzlicher Eingriff des Gesetzgebers aus jüngerer Zeit ins Treffen führen. Mit dem HaRÄG 2005 hat der Gesetzgeber nämlich die verschuldensunabhängige Haftung des Scheinvertreters nach Art 8 Nr 11 4. EVHGB82 bei ihrer Überführung in das ABGB83 in das Gegenteil verkehrt.84 Gemäß § 1019 ABGB haftet der Scheinvertreter dem Dritten nämlich nur mehr verschuldensabhängig85 auf den Vertrauensschaden86. Das hat zwar im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden,87 erschließt sich aber zweifelsfrei aus den Gesetzesmaterialien.88 Die ErlRV betonen nämlich, dass nach „allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen […] schuldhaftes Handeln des vollmachtlos 79 Vgl dazu die Nachweise in Fn 41. 80 Das Erfordernis des Verschuldens wird zwar eher selten explizit (s nur Gschnitzer in Klang, ABGB IV/1² [1968] 174; Lukas, Zur Haftung beim anfänglichen unbehebbaren Mangel, JBl 1992, 11 [22]; dens, JBl 2009, 751 [1. Teil], 2010, 23 [31; 2. Teil]) beim Namen genannt, idR aber doch implizit zum Ausdruck gebracht (s etwa Rummel in Rummel/Lukas [Hrsg], ABGB4 § 878 Rz 17; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 [Stand: 1.8.2019] § 878 Rz 19 f). 81 Ostheim, JBl 1980, 522 (1. Teil), 570 (577 in Fn 113; 2. Teil); Rubin, Die Antwortpflicht für Geschäftsbesorgungsunternehmer nach § 1003 ABGB, RdW 2008, 35 (41 in Fn 75); Lukas, JBl 2009, 751 (1. Teil), 2010, 23 (33, 34; 2. Teil). Unter Berufung auf den Begriff der „Zögerung“ Machold, Schadenersatz nach gescheiterten Vertragsverhandlungen (2009) 125 ff (s auch zur Auslegung von „ohne Zögerung“ als „ohne schuldhaftes Zögern“ Strasser in Rummel, ABGB3 § 1003 Rz 6 und Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 [Stand: 1.3.2017] § 1003 Rz 16). S auch Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB IV4 (2014) § 1003 Rz 3 („Schuldhaftes Unterlassen oder Verzögern der Antwort […].“); P. Bydlinski in Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 § 1003 Rz 3 („[…] ohne schuldhafte Verzögerung […]“). 82 Unstr und daher statt vieler nur RIS-Justiz RS006114; W. Schuhmacher in Straube, HGB³ (2003) Art 8 Nr 11 Rz 19; Kerschner in Jabornegg, HGB (1997) Art 8 Nr 11 Rz 3 und Rz 46. 83 Vgl ErlRV 1058 BlgNR 22. GP 71: „übernimmt“, 82: „transferiert“. 84 So soll nach einer Strömung in der Lehre das ABGB seit dem HaRÄG 2005 keinen Anhaltspunkt für eine „verschuldensunabhängige Vertrauenshaftung“ enthalten (Machold, Vertragsverhandlungen 123; zust Lukas, JBl 2009, 751 [1. Teil], 2010, 23 [34; 2. Teil]). S im Übrigen auch Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II² (1984) 76, der für das österreichische Recht schon unter der Rigide des HGB keinen Anhaltspunkt für eine verschuldensunabhängige Haftung bei Ablehnen eines Vertragsabschlusses, der als sicher hingestellt wird, sah. Das Hervorheben dieser Änderung durch das HaRÄG 2005 darf freilich nicht in den Schatten stellen, dass die zivilrechtliche Haftung des Scheinvertreters nach hL schon vor dem HaRÄG 2005 verschuldensabhängig war, mithin Art 8 Nr 11 EVHGB nicht analog angewendet wurde (grundlegend und daher statt vieler nur R. Welser, Vertretung ohne Vertretungsmacht [1970] 156 ff). 85 Unstr und daher statt vieler nur P. Bydlinski in Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 § 1019 Rz 2; Perner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 (Stand: 1.4.2016) § 1019 Rz 3. 86 Unstr und daher statt vieler nur Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB IV4 § 1019 Rz 4; P. Bydlinski in Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 § 1019 Rz 2. 87 Insofern krit Wilhelm, Müllabfuhr Unternehmensgesetzbuch, ecolex 2004, 1. 88 Vgl ErlRV 1058 BlgNR 22. GP 71, 82.
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Austrian Law Journal Volume 1/2021
Title
Austrian Law Journal
Volume
1/2021
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
59
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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