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ALJ 2021 Mobiliarsicherheiten 53
nicht weiter: Ein Pfandrecht besteht unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Dessen
Nichtbestehen kann auch nicht in irgendeiner Form durch einen Dritten bestätigt werden.209
Es müsste hierzu praktisch von allen potentiellen Gläubigern der Welt eine Bestätigung
eingeholt werden.210 Daher macht es vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes Sinn, für
die Wirksamkeit des Pfandrechtes zusätzliche (Publizitäts-) Kriterien vorauszusetzen. Erst
durch das negative Publizitätsprinzip darf der potentielle Gläubiger darauf vertrauen, dass
sich in der Gewahrsame des Schuldners kein Eigentum befindet, das verpfändet wurde.
Die Anerkennung des publizitätslosen Eigentumsvorbehaltes steht dem Ziel des
Gläubigerschutzes also nicht in unsachlicher Weise entgegen, weil es im Gegensatz zum
Pfandrecht hier zusätzliche Möglichkeiten gibt, sich vom Bestehen oder Nichtbestehen dieser
Mobiliarsicherheit zu überzeugen,211 und ein Gläubiger ja schon ganz allgemein nicht darauf
vertrauen darf, dass sich in der Gewahrsame des Schuldners kein fremdes Eigentum
befindet. Ganz unabhängig vom Eigentumsvorbehalt wird dem Schuldner erst durch die
Kombination aus einem Eigentumsnachweis und dem pfandrechtlichen Publizitätsprinzip die
Möglichkeit genommen, den künftigen Gläubiger durch aktive Täuschung in die Irre zu
führen. Ein Eigentumsnachweis stellt sicher, dass die Sachen nicht geliehen, geleast oder
gemietet sind und zusätzlich eben auch keinem Eigentumsvorbehalt unterliegen. Das
pfandrechtliche Publizitätsprinzip stellt sicher, dass diese Sachen auch nicht mit einem
Pfandrecht belastet sind. Auf diese Weise werden allfällige Belastungen für den
Rechtsverkehr erkennbar gemacht und dem Schuldner ermöglicht, das Kreditrisiko im
Einzelfall abzuschätzen. Insofern ist durch die Anerkennung des publizitätslosen
Eigentumsvorbehaltes keine Inkohärenz zu erkennen.212
209 Vgl auch Mayrhofer, ÖJZ 1969, 202, wonach es für den Gläubiger bei der Verpfändung bzw der Sicherungsübereignung keine
derartige Möglichkeit zur Abklärung mit Rechnungen und Zahlungsbelegen bestehe, wie es sie beim Eigentumsvorbehalt
gibt. Zustimmend F. Bydlinski in Klang IV/22 461 f. Dem Einwand von Faber, ALJ 2015, 228, wonach die Differenzierung nicht
allzu plausibel erscheine, weil auch eine Pfandbestellungsurkunde in Verbindung mit Rückzahlungsbelegen Klarheit über
das Bestehen der Sicherheit schaffe, ist zu entgegnen, dass der Unterschied vor allem in der Möglichkeit der Abklärung des
Nichtbestehens liegt: Während das Nichtbestehen eines Eigentumsvorbehaltes durch Dokumente im Zusammenhang mit
dem Kauf der Sache überprüft werden kann, ist das Nichtbestehen eines Pfandrechtes durch Dokumente kaum
nachweisbar. Eine Pfandbestellungsurkunde in Verbindung mit Rückzahlungsbelegen mag zwar Klarheit in Bezug auf das
Nichtbestehen eines Pfandrechtes in Bezug auf einen bestimmten Dritten schaffen – das schließt jedoch nicht die
Möglichkeit aus, dass die Sache inzwischen wieder an eine ganz andere Person verpfändet wurde.
210 Vgl auch Faber, ZFR 2020, 283 (speziell zum Sicherungseigentum).
211 In der Literatur wird freilich darauf hingewiesen, dass gerade Verkäufer im gestuften Warenabsatz in der Praxis oftmals nicht
gewillt sein werden, Zahlungsbelege in Bezug auf Waren und damit sowohl Einkaufspreis als auch die Bezugsquelle
offenzulegen (vgl etwa Riedler in FS 200 Jahre ABGB 1389). Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das
Nichtbestehen eines Eigentumsvorbehaltes im Gegensatz zum Pfandrecht durch einen Dritten bestätigt werden kann –
durchaus auch ohne Nennung des Preises.
212 Vgl in diesem Zusammenhang Lurger, IPRax 2019, 563, wonach auch das Finanzierungsleasing als (problematische)
Ausnahme vom Publizitätsprinzip zu betrachten sei (s auch FN 159). Ähnlich wie die Anerkennung des Eigentumsvorbehaltes
unterminiert jedoch auch die Anerkennung des Finanzierungsleasings das Ziel des Gläubigerschutzes nicht, weil ein
Gläubiger immer mit fremdem Eigentum in der Gewahrsame des Schuldners rechnen muss und das Nichtbestehen von
fremdem Eigentum leichter überprüft werden kann als das Nichtbestehen von Pfandrechten – indem eben beispielsweise
ein Eigentumsnachweis erbracht wird. Dass die zusätzlichen Publizitätsvoraussetzungen daher gerade in Bezug auf die
Wirksamkeit von Pfandrechten Sinn machen, bei denen die Überprüfung des Nichtbestehens ansonsten kaum möglich wäre,
wurde bereits erläutert.
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Austrian Law Journal
Volume 1/2021
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 1/2021
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 59
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal