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Austrian Law Journal, Volume 2/2015
Page - 218 -
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Page - 218 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2015

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ALJ 2/2015 Eigentumsvorbehalt und Publizität 218 sen der Gläubiger des Erwerbers vorliege.28 Dieser Einwand greift allerdings etwas zu kurz: Zwar fließen beim Käufer vorhandene Barmittel tatsächlich sukzessive „in die Sache“ und besteht die volle Zugriffsmöglichkeit auf das Vorbehaltsgut tatsächlich erst mit Vollzahlung, doch repräsen- tiert in der Zwischenzeit das dem Vorbehaltskäufer zustehende Anwartschaftsrecht einen auf das Volleigentum an der Kaufsache noch „fehlenden“ Vermögenswert. Setzt man für die Bewertung des Anwartschaftsrechts simplifizierend am Verhältnis der bereits geleisteten Zahlungen zur Restver- bindlichkeit an29, stellt sich die Anschaffung aus Sicht dritter Gläubiger in der Tat quasi als Null- summenspiel dar.30 Das gilt grundsätzlich auch in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers, wenn der Insolvenzverwalter statt Vertragserfüllung gemäß § 21 IO den Rücktritt wählt: In diesem Fall geht zwar der Wert der Anwartschaft verloren, dafür sind nach zutreffender Auffassung bereits gezahlte Kaufpreisanteile an die Masse zurückzugewähren31, sodass der Befriedigungsfonds für die restlichen Gläubiger wieder in etwa gleichbleiben sollte.32 Als erstes Zwischenergebnis lässt sich demnach festhalten, dass die dem Argument der hA zu- grunde liegende These eines beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt in etwa gleichbleibenden Haf- tungsfonds (nicht allerdings eines durch den Sacherwerb anwachsenden Haftungsfonds) für sich 28 Siehe die Kritik bei Riedler in FS 200 Jahre ABGB 1389 f. 29 Dabei wird – um dem von der hA vorgebrachten Nicht-Entzugs-Argument möglichst entgegenzukommen – mit der Unterstellung operiert, dass eine allfällige Verwertung des Anwartschaftsrechts mit einem derartigen Erlös im Regelfall tatsächlich möglich ist. Praktisch wird dies zweifelhaft sein. 30 In Bezug auf Exekutionsgläubiger des Vorbehaltskäufers ist zu beachten, dass diese, wie im Text diskutiert, natürlich in noch vorhandenes Barvermögen und in das Anwartschaftsrecht vollstrecken können, praktisch aller- dings das Problem auftreten kann, dass mangels Kenntnis vom Eigentumsvorbehalt zunächst eine – infolge Drittwiderspruchsrechts des Vorbehaltsverkäufers (§ 37 EO) erfolglose – Exekution in die Kaufsache versucht wird. Dabei wird § 45 ZPO weitgehend verhindern, dass dem betreibenden Gläubiger aus Unkenntnis des beste- henden Aussonderungsrechts Verfahrenskosten aus einem Exszindierungsprozess entstehen bzw er dem Exszin- dierungsberechtigten solche zu ersetzen hat: Um die strengen Rechtsfolgen dieser Bestimmung (Tragen der Pro- zesskosten durch den Kläger, Kostenersatzpflicht gegenüber dem beklagten betreibenden Gläubiger) zu vermeiden, muss der Vorbehaltsverkäufer vor Erhebung der Exszindierungsklage sein vorbehaltenes Eigentum dem betrei- benden Gläubiger bekanntgeben und diesen auffordern, von der Exekution in den betr Gegenstand abzusehen; vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny (Hrsg), Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen II/13 (2014) § 45 ZPO Rz 6; Jakusch in Angst (Hrsg), Kommentar zur EO2 § 37 EO Rz 70, jeweils mwN. Soweit dem Zwangsvollstreckung führenden Gläubiger durch derlei Vorkehrungen keine zusätzlichen Kosten entstehen, erweist sich das Bild vom „Nullsum- menspiel“ somit auch auf exekutionsrechtlicher Ebene als stimmig. Nachteile verbleiben aber dann, wenn der betreibende Gläubiger sich nach pflichtgemäß erfolgter Aufforderung aufgrund vertretbarer Zweifel am Bestehen des Sicherungsrechts auf einen Rechtsstreit einlässt und unterliegt. 31 Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund herrschender Insolvenzrechtsdogmatik zunächst freilich gar nicht so selbstverständlich: Nur eine – wohl im Vordringen begriffene – Mindermeinung geht nämlich davon aus, dass der Rücktritt des Insolvenzverwalters nach § 21 IO wie etwa ein Rücktritt nach § 918 ABGB schuldrechtlich ex tunc wirke und damit Bereicherungsansprüche nach § 1435 ABGB (hier: der Masse auf Rückzahlung bereits geleisteter Kaufpreisteile) auslöse; so insb F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 541 f FN 517; Gamerith in Bartsch/Pollak/ Buchegger (Hrsg), Österreichisches Insolvenzrecht4 I (2000) § 21 KO Rz 24 mwN; im Kontext des Eigentumsvorbe- halts jüngst auch Riedler, Der Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz des Käufers nach dem IRÄG 2010, ÖJZ 2011, 904 (911 f); ders in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht IX 260 f (Rz 3/29); vgl auch schon Mayrhofer, Das Abzahlungs- geschäft nach dem neuen Ratengesetz (1966) 122. Die hA nimmt dagegen an, dass der Rücktritt nach § 21 IO (weil der Vertrag aufrecht bleibe) keine Rückforderungsansprüche bzgl bereits erbrachter Leistungen auslöse, jeder Teil somit das ihm Geleistete behalte; idS etwa Widhalm-Budak in Konecny/Schubert (Hrsg), Kommentar zu den In- solvenzgesetzen (2012) § 21 KO Rz 184 f, 218 mwN; aus der Rsp OGH 1 Ob 100/66 SZ 39/147 und darauf aufbau- end RIS-Justiz RS0064493. Auch diese Auffassung müsste allerdings Rückgewähransprüche der Masse für bereits geleistete Kaufpreiszahlungen insoweit anerkennen, als sie der Masse Bereicherungsansprüche zubilligt, wenn der Vertragspartner (Vorbehaltsverkäufer) auf ihre Kosten bereichert ist – wovon mit Rückstellung der Kaufsache nach Aussonderung durch den Vorbehaltsverkäufer auszugehen wäre. 32 Ausgeklammert bleibt hier die praktisch denkbare Konstellation, dass der Vorbehaltsverkäufer durch Aufrechnung mit seinem durch den Rücktritt entstandenen Schadenersatzanspruch (§ 21 Abs 2 IO) gegen den Rückforderungs- anspruch der Masse Letzteren stark herabmindert oder gänzlich tilgt.
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Austrian Law Journal Volume 2/2015
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2015
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2015
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
100
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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