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ALJ 2/2015 Eigentumsvorbehalt und Publizität 234
Nachdem der vorliegende Beitrag vom österreichischen Recht ausgeht und dessen allfällige Wei-
terentwicklung im Blick hat, liegt es zudem nahe, auf die bisher aktuellste österreichische Gesetz-
gebungsinitiative im Bereich des Mobiliarsicherungsrechts einzugehen (hierzu sogleich in Abschnitt
III.B.). Eines haben im Ăśbrigen alle der hier angesprochenen Regelungsmodelle gemeinsam: Sie
sind allesamt als Personalfoliensystem bezogen auf die Person des Sicherungsgebers organisiert.
Ein Realfoliensystem wie beim Grundbuch gilt für Sicherungsrechte an Mobilien – von sehr wertvol-
len und wertbeständigen Sachen wie etwa Seeschiffen abgesehen – allgemein als unrealistisch.
B. Der österreichische MSG-Entwurf von 2007
Der im Jahr 2007 von einer beim Ludwig-Boltzmann-Institut fĂĽr Rechtsvorsorge und Urkunden-
wesen eingerichteten Arbeitsgruppe unter Leitung von Martin Schauer vorgelegte Entwurf fĂĽr ein
„Gesetz über ein Register für Mobiliarsicherheiten (MSG)“ – im Folgenden kurz MSG-E90 – sieht im
Gegensatz zu den anderen dinglichen Sicherungsrechten (Pfandrecht, Sicherungseigentum, Siche-
rungszession) fĂĽr den Eigentumsvorbehalt eine Kundbarmachung nicht zwingend vor. Ein Eigen-
tumsvorbehalt kann nach diesem Entwurf im Register eingetragen werden; erforderlich ist dies
zu seiner Wirksamkeit nicht (§ 13 MSG-E).91 Damit wird gerade aus der in diesem Beitrag verfolgten
Perspektive, unterschiedliche Publizitätsanforderungen zwischen Eigentumsvorbehalt und anderen
dinglichen Sicherungsrechten nach Möglichkeit abzubauen, kein nennenswerter Fortschritt erzielt.
Hintergrund fĂĽr diese Entscheidung der Arbeitsgruppe, beim Eigentumsvorbehalt die Registerein-
tragung lediglich optional vorzusehen, ist letztlich ein von ihr als Ausgangspunkt gewähltes „Prinzip
der Kontinuität“: Man will die Systematik des bestehenden Kreditsicherungsrechts soweit wie
möglich unangetastet lassen.92 Dementsprechend erfüllt der Registereintrag die Funktion eines
Publizitätsakts nach geltendem Recht: Für Begründung und Aufrechterhaltung von Pfandrecht
und Sicherungseigentum bzw die sicherungsweise Abtretung von Forderungen hat der Registerein-
trag konstitutive Wirkung.93 Konsequent weiter gedacht und auf den Eigentumsvorbehalt umgelegt,
hätte dies dazu geführt, dass der Käufer trotz Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts mit der
SachĂĽbergabe VolleigentĂĽmer der Kaufsache wĂĽrde, wenn der Eigentumsvorbehalt nicht bis zu
diesem Zeitpunkt im Register eingetragen ist. Das erschien den Verfassern als „gravierender
Eingriff in die Dogmatik des Eigentumsvorbehalts“ und letztlich als zu weitgehend.94
90 Veröffentlicht in Schauer, Register 43 ff; ein dem Entwurf zugrunde liegender Empfehlungskatalog wurde zuvor
bereits in NZ 2006, 267 publiziert. Zum Entwurf etwa Gruber, Das Register für Mobiliarsicherheiten – Überlegungen
zu Funktion und Organisation, Ă–JZ 2007, 437; B. Koch, Gedanken zur Neuordnung des Mobiliarsicherheitenrechts, in
FS Koziol (2010) 197 (206 ff); Brinkmann, Kreditsicherheiten 462 ff; Appl, Der Gläserne Schuldner – Mobiliarpfand-
register und Datenschutz, NZ 2007, 161; Schauer, Ein Register für Mobiliarsicherheiten – der österreichische Entwurf,
das polnische Recht und der Draft Common Frame of Reference im Vergleich, in FS Kalus (2010) 451 (455 ff); Lukas,
Vom UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions zu einem Mobiliarpfandregister in Ă–sterreich, Ă–BA
2007, 262 (266 ff); ders, Die geplante Reform des Pfandrechts an beweglichen Sachen in Tschechien aus österreichi-
scher Sicht, in Ĺ vestka/Dvořák/TichĂ˝ (Hrsg), SbornĂk statĂ z diskusnĂch fĂłr o rekodifikaci obÄŤanskĂ©ho práva – Tagungs-
band der Diskussionsforen zum BĂĽrgerlichen Gesetzbuch (2008) 154 (159 ff).
91 Die Registereintragung hat beim Eigentumsvorbehalt somit nur deklarative Funktion. Sinnvoll kann sie fĂĽr den
Vorbehaltsverkäufer insofern sein, als sie ihm einen verstärkten Schutz gegen gutgläubigen Wegerwerb durch
Dritte verschafft. Vgl Empfehlungen 2.2.3. und 3.2.3. sowie §§ 13 und 15 MSG-E bei Schauer, Register 33 ff, 60 ff.
92 Vgl Empfehlung 5.1.1. bei Schauer, Register 38.
93 Siehe Empfehlungen 2.2.1. und 2.2.2. sowie § 4 MSG-E bei Schauer, Register 33, 47. Neben dem Registereintrag
sollen als Modus die Übergabe und bei Forderungen die Drittschuldnerverständigung erhalten bleiben, nicht jedoch
der Buchvermerk bzw das „Zeichen“ bei Fahrnis. Vgl Empfehlungen 4.3.2. bis 4.3.4. und den Entwurf einer Neu-
fassung von § 452 ABGB bei Schauer, Register 38, 76.
94 Vgl die Erläuterungen zu § 13 MSG-E bei Schauer, Register 60. An die Möglichkeit einer „Gnadenfrist“ für eine
Eintragung nach SachĂĽbergabe hat man in diesem Zusammenhang offenbar nicht gedacht (siehe dagegen unten
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal