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ALJ 2/2015 Eigentumsvorbehalt und Publizität 236
C. Aktuelle internationale Entwicklungen am Beispiel von Buch IX DCFR
Einen erheblich weitergehenden, wenngleich nicht unbedingt einen vollständigen Ausgleich
zwischen den potenziell widerstreitenden Forderungen nach dogmatischer Widerspruchsfrei-
heit einerseits und einfacher praktischer Nutzbarkeit andererseits versprechen die international
im Vordringen befindlichen notice filing- bzw PPSA-Systeme, wie sie in den USA, Kanada, Neu-
seeland und Australien gelten und auch jüngsten europäischen bzw internationalen Modellre-
gelwerken zugrunde liegen. Wie erwähnt, soll in die Strukturen eines solchen Modells am Beispiel
von Buch IX des Draft Common Frame of Reference (DCFR) eingefĂĽhrt werden, Verweise auf
andere Regelungswerke werden teilweise eingeflochten.
1. Grundlagen
FĂĽr eine allgemeine EinfĂĽhrung in das Regelungssystem von Buch IX DCFR muss hier weitge-
hend auf bereits verfügbare Literatur verwiesen werden.102 Folgende Eckpunkte mögen an
dieser Stelle genĂĽgen: Buch IX DCFR verfolgt wie alle angesprochenen PPSA-Systeme einen
breiten und (zumindest sehr weitgehend) funktionalen Ansatz. Gemeint ist insb, dass das Rege-
lungskonzept alle dinglichen Mobiliarsicherungsrechte – dh aus österreichischer Perspektive
insb: Pfandrecht, Sicherungseigentum, Sicherungszession und eben auch den Eigentumsvor-
behalt samt äquivalenten Konstruktionen wie dem Finanzierungsleasing – einbezieht und in
sehr weitem Umfang gleich behandelt. Diese Gleichbehandlung wirkt sich vor allem dahingehend
aus, dass alle genannten Sicherungsinstrumente zu einem einheitlichen Typus zusammenge-
fasst werden: einem „security right“, das als dingliches Recht auf vorrangige Befriedigung aus
der Sache ausgestaltet ist. Damit werden insb das heutige Sicherungseigentum und die Siche-
rungszession von einer Vollrechtssicherung auf ein beschränktes dingliches Recht „herabge-
stuft“. Beim Eigentumsvorbehalt (und Finanzierungsleasing) macht der DCFR diesen radikalen
Schritt allerdings nicht, sondern ermöglicht wahlweise das Zurückhalten eines vollwertigen
Eigentumsrechts mit Aussonderungswirkung (Kategorie der sog retention of ownership devices).
Für Publizitätsfragen – die hier im Mittelpunkt stehen – hat diese Kategorisierung allerdings
keine Relevanz.103 Article 9 UCC ist insoweit konsequenter und kategorisiert auch vorbehaltenes
102 Siehe etwa W. Faber, Das Mobiliarsicherungsrecht des DCFR: Perspektiven fĂĽr eine Reform in Ă–sterreich bzw in
Europa? JBl 2012, 341, 424; ders, Proprietary Security Rights in Movables – European Developments: A Spotlight
Approach to Book IX DCFR, Juridica International 21 (2014) 27; Brinkmann, Kreditsicherheiten 435 ff; Macdonald,
Transnational Secured Transactions Reform: Book IX of the Draft Common Frame of Reference in Perspective,
ZEuP 2009, 745; Hamwijk, Publicity in Secured Transactions Law – Towards a European public notice filing system
for non-possessory security rights in movable assets? (2014) 338 ff; Veneziano, Security rights in movables in the
DCFR: general presentation, in Sagaert/Storme/Terryn (Hrsg), The Draft Common Frame of Reference: national
and comparative perspectives (2012) 305; dies, The DCFR Book on Secured Transactions: Some Policy Choices
made by the Working Group, in van Erp/Salomons/Akkermans (Hrsg), The Future of European Property Law (2012)
123; Dirix, Security rights in the DCFR from a Belgian perspective, in Sagaert/Storme/Terryn (Hrsg), The Draft
Common Frame of Reference: national and comparative perspectives (2012) 313; Drobnig, Basic issues of European
rules on security in movables, in de Lacy (Hrsg), The Reform of UK Personal Property Security Law – Comparative
Perspectives (2010) 444; ausfĂĽhrlich Ch. Wilhelm, Die Regelung der Geld- und Warenkreditsicherheiten nach dem
deutschen Recht im Vergleich zum Draft Common Frame of Reference (DCFR) (2013) 29 ff und 183 ff speziell zu
Warenkreditsicherheiten; nun auch W. Faber, Mobiliarsicherungsrecht V.
103 Zum bisher Ausgeführten siehe insb IX.–1:101 bis IX.–1:103 DCFR; erläuternd etwa W. Faber, JBl 2012, 346 f.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2015
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2015
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 100
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal