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Austrian Law Journal, Volume 2/2015
Page - 261 -
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ALJ 2/2015 Andreas J. Kumin 261 A. Grundwerte und Rechtsstaatlichkeit Die EU ist eine „Union der Werte“. Das in Art 2 EUV verankerte moralische Fundament trĂ€gt nicht nur die TĂ€tigkeit der Unionsorgane selbst und verschafft ihnen die nötige Legitimation, sondern nĂ€hrt auch das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander in das unparteiische, diskriminierungsfreie, unbestechliche und regelkonforme Vorgehen ihrer Behörden und Gerichte. Dieses stellt eine Grundvoraussetzung fĂŒr die GewĂ€hrleistung und den Genuss der Grundfreiheiten im Binnenmarkt und die flankierenden Unionspolitiken dar. In den zurĂŒckliegenden Jahren wurde allerdings eine wachsende Besorgnis spĂŒrbar, ob diese innere HomogenitĂ€t nicht durch einzelne ProblemfĂ€lle von Mitgliedstaaten in Frage gestellt wird, die ihre Verfassung, interne Organisation und einzelne fĂŒr das Modell einer westlichen, rechts- staatlichen Demokratie wesentliche Politikbereiche wie die Freiheit der Medien in einer Art und Weise verĂ€ndert haben, bei der die notwendigen Schranken fĂŒr die MachtausĂŒbung der Regie- rungsmehrheit zum Schutze der Opposition oder anderer politischer und sozialer Minderheiten eingerissen – wenn nicht niedergerissen – worden sind. Die Sorge um derartige Entwicklungen wurde letztlich so groß, dass das EuropĂ€ische Parlament in mehreren Entschließungen auf aktuelle Bedrohungen der Grundrechte in der EU eingegangen ist4 und unter anderem die Errichtung eines „Kopenhagen-Mechanismus“ zur Sicherstellung der Einhaltung jener fĂŒr einen Beitritt maßgeblichen Anforderungen vorgeschlagen hat, die auch fĂŒr die Mitgliedstaaten dann weiterhin bindend bleiben. Die EuropĂ€ische Kommission hat im MĂ€rz vorigen Jahres eine Mitteilung ĂŒber einen neuen EU-Rechtsrahmen zur StĂ€rkung der Rechtsstaat- lichkeit veröffentlicht.5 Darin hat sie ein dreistufiges Verfahren zur Behandlung von systemati- schen Bedrohungen der Rechtsstaatlichkeit festgelegt, das sie vor formeller Einleitung eines Ver- fahrens nach Art 7 EUV im Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat durchfĂŒhren wĂŒrde. Entge- gen der von manchem gehegten Erwartungen ist in dieser Mitteilung allerdings nur eine Festlegung der Kommission fĂŒr sich selbst zu sehen und kein Vorschlag fĂŒr einen vom Rat formell zu beschlie- ßenden Mechanismus, wie ihn unter anderem die Außenminister von Deutschland, Niederlande, Finnland und DĂ€nemark in einem Brief an KommissionsprĂ€sident JosĂ© Manuel Barroso im MĂ€rz 2013 vorgeschlagen haben. Die 2013 und 2014 mehrfach im Rat der EU, in seiner Zusammensetzung „Allgemeine Angele- genheiten“, von den Außen- und Europaministern abgehaltenen Debatten ĂŒber einen solchen Mechanismus verliefen durchaus nicht geradlinig und nicht ohne WiderstĂ€nde. Als spezifischer Beitrag Österreichs zu den Vorarbeiten sei hier auch die wĂ€hrend seines Vorsitzes im Minister- komitee des Europarates vom VölkerrechtsbĂŒro des Außenministeriums gemeinsam mit Professor Werner Schroeder vom Institut fĂŒr Europarecht und Völkerrecht der UniversitĂ€t Innsbruck veran- staltete wissenschaftliche Konferenz zur StĂ€rkung der Rechtsstaatlichkeit in Europa erwĂ€hnt, die Helmut Tichy bereits angesprochen hat. Dabei wurde vor allem versucht, die dem Europarat und der EU gemeinsamen und die sie verbindenden Elemente zu identifizieren und vorhandenes 4 Zuletzt am 10. 6. 2015 mit der Entschließung P8_TA-PROV(2015)0227 zur Lage in Ungarn (2015/2700(RSP)); zuvor siehe Entschließung P7_TA(2013)0315 des EuropĂ€ischen Parlaments vom 3. 7. 2013 zu der Lage der Grundrechte: Standards und Praktiken in Ungarn (gemĂ€ĂŸ der Entschließung des EuropĂ€ischen Parlaments vom 16. 2. 2012) (2012/2130(INI)) bzw Entschließung P7_TA-PROV(2014)0173 des EuropĂ€ischen Parlaments vom 27. 2. 2014 zu der Lage der Grundrechte in der EuropĂ€ischen Union (2012) (2013/2078(INI)). 5 Mitteilung der EuropĂ€ischen Kommission „Ein neuer EU-Rechtsrahmen zur StĂ€rkung der Rechtsstaatlichkeit“, KOM(2014) 158 final vom 18. 3. 2014.
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Austrian Law Journal Volume 2/2015
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2015
Author
Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2015
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
100
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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