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Austrian Law Journal, Volume 2/2016
Page - 120 -
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Page - 120 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2016

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ALJ 2/2016 Christoph Bezemek 120 Obsolet werden in dieser liberalen Ausformung des Gleichheitssatzes die freiheitsrechtlichen Einzelgewährleistungen, deren sachliche Extension, deren Gewicht und deren spezifischer Schutz ja unangetastet bleibt,106 nicht.107 Schon eher scheinen mit dem egalitären Verständnis gleichbe- rechtigter Lebensentwürfe jene Verstrebungen gefunden, die die zuvor beschriebenen Einzel- pflöcke zu einer Umgrenzung der allgemeinen Schutzsphäre der Einzelnen vervollständigen, indem sie den Rechtsetzer, sofern er die Entfaltungsmöglichkeiten des Individuums beschränkt (wenn auch in großzügiger Ausformung),108 nach der Verhältnismäßigkeit seiner Anordnungen vor dem Hintergrund der von ihm verfolgten Zielsetzungen befragen.109 Der Gleichheitssatz greift damit als „Auffanggrundrecht“110 gerade in Konstellationen, in denen nicht gesichert ist, ob den Anforderungen an eine qualifizierte Persönlichkeitsentfaltung Genüge getan wird;111 eben in der „Mannigfaltigkeit der Situationen“112, auf die sich das Individuum hin entwirft: darunter die (öffentliche)113 Ausübung der Prostitution,114 Mountainbiking,115 Wind- surfen116 oder das Autofahren ohne Sicherheitsgurt;117 samt und sonders Aktivitäten, deren Ein- schränkung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber, gleich der der Bettelei,118 in der Recht- sprechung des VfGH an den Sachlichkeitsanforderungen des Gleichheitssatzes gemessen wurde. 106 So bereits, wenn auch auf Basis einer abweichenden Konstruktion, Merli, Die Allgemeine Handlungsfreiheit (2. Teil), JBl 1994, 309 (317 f). 107 Vielmehr zeigt sich im gegenständlich entworfenen Modell eine konsequente Verdichtung des grundrechtlichen Schutzes vom hier in den Vordergrund gerückten Randbereich des Schutzes autonomer Lebensgestaltung über die gleichheitsrechtlich verpönten Diskriminierungsmerkmale zu gesondert freiheitsrechtlich abgesicherten Momenten der Persönlichkeitsentfaltung des Individuums und seiner selbstbestimmten Lebensführung hin zum Integritätsschutz durch Fundamentalgarantien – vgl dazu bereits Holoubek/Bezemek in Studiengesellschaft für Wirt- schaft und Recht 70 f). 108 Holoubek, Gewährleistungspflichten 366 f. 109 Dazu nur Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes dargestellt an der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes insbesondere zum Wirtschaftsrecht, ÖZW 1991, 72. 110 Holoubek, Die Struktur der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte (1997) 23. So auch insb Storr, ZfV 2009, 532. 111 Vgl oben I. 112 Humboldt, Ideen 22. 113 Vgl VfSlg 8272/1978: „Sexualverhalten, das nicht öffentlich in Erscheinung tritt, zählt jedenfalls zur Privatsphäre des Menschen. Insoweit Art. 8 Abs. 2 MRK staatliche Eingriffe in diese Sphäre nicht erlaubt, hat jedermann An- spruch auf Achtung dieser Sphäre, sie ist ihm – im Hinblick auf den Verfassungsrang der Konvention [...] – inso- weit auch gegenüber dem Gesetzgeber gewährleistet. In diese Sphäre fällt auch die in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung tretende geschlechtliche Hingabe und es gilt das selbst dann, wenn sie um einer bedungenen Ent- lohnung willen erfolgt und sich demnach als Prostitution i. S. [einschlägiger landesrechtlicher Bestimmungen] darstellt.“ 114 VfSlg 13.363/1993; vgl bereits zuvor VfSlg 11.926/1988. 115 VfSlg 12.998/1992. 116 VfGH 22.11.2012, V 120/11. 117 VfSlg 11.917/1988: „Die mit der gegenständlichen Regelung normierte, dem Schutz vor bestimmten, für den Straßenverkehr typischen Gefahren dienende Verpflichtung trifft nur Personen, die sich diesen Gefahren durch eine bestimmte Form der Teilnahme am Straßenverkehr aussetzen. Deren Dispositionsfreiheit [!] (Entscheidung für eine bestimmte Form der Teilnahme am Straßenverkehr) wird durch diese Verpflichtung weder beseitigt noch inhaltlich (zB auf bestimmte Zeiträume) beschränkt; die Verpflichtung bezieht sich vielmehr nur auf eine Modalität der Ausübung dieser Dispositionsfreiheit. Sie belastet ihrer Art und Intensität nach den Verpflichteten nur in einem an sich geringen, die Grenzen des Zumutbaren keineswegs überschreitenden Ausmaß. Angesichts all dessen kann sie nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.“ 118 Vgl dazu wiederum VfSlg 19.662/2012; sowie insb auch noch VfSlg 19.665/2012.
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Austrian Law Journal Volume 2/2016
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2016
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
40
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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