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Austrian Law Journal, Volume 2/2016
Page - 139 -
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Page - 139 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2016

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ALJ 2/2016 Kontrolle der Europäischen Kommission gegenüber ihren Mitgliedern 139 bereit, die Geschäfte als „geschäftsführende Kommission“12 interimistisch weiterzuführen. Damit wollte die „Santer-Kommission“ einem unmittelbar drohenden Misstrauensvotum des Europäi- schen Parlaments zuvorkommen. Der Fall Cresson hatte aber auch ein gerichtliches Nachspiel. So beschloss die Kommission im Juli 2004 den EuGH anzurufen, was sie im Oktober 2004 auch tatsächlich tat. In diesem Verfahren behauptete Cresson, dass die Regelung der Amtspflichten von Kommissaren viel zu ungenau sei, als dass sie ihre eigene Pflichtverletzung als solche hätte erkennen können. Im Übrigen sei es in den letzten 50 Jahren erst ein einziges Mal zu einer Ruhegenusskürzung durch den EuGH ge- kommen, und diese hätte 2002 auch keinen Kommissar, sondern nur einen Beamten der Kom- mission betroffen – und zwar wegen Korruption.13 Der Generalanwalt schloss sich dieser Argu- mentation nicht an und schlug in seinen Schlussanträgen vom 23. 2. 2006 dem EuGH vor, Kom- missarin Cresson zu verurteilen und ihre Ruhegehaltsansprüche um 50 Prozent zu kürzen.14 Der EuGH entschied mit Urteil vom 11. 7. 2006 hingegen, dass sich Kommissarin Cresson zwar einiger Pflichtverletzungen iSv Art 213 Abs 2 EGV und Art 126 Abs 2 EA schuldig gemacht habe, von der Verhängung einer Sanktion in Form einer Aberkennung ihrer Ruhegehaltsansprüche oder ande- rer an deren Stelle gewährter Begünstigungen aber deswegen abzusehen sei, da angesichts der Umstände des vorliegenden Falles „die Feststellung der Pflichtverletzung für sich genommen als angemessene Sanktion anzusehen ist“15 [sic]. B. Der Fall Bangemann Ende Juni 1999 verständigte Martin Bangemann, der in der nach ihrem Rücktritt Mitte März 199916 nur mehr „geschäftsführend“ tätigen Kommission der Europäischen Gemeinschaften17 die Res- sorts „Gewerbliche Wirtschaft, Informationstechnologien und Telekommunikation“ innehatte, den Präsidenten der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der EU, Gerhard Schröder, von seinem Wunsch, so rasch wie möglich von seinen Verpflichtungen entbun- den zu werden, um eine Konsulententätigkeit beim spanischen Unternehmen „Telefónica“ antre- ten zu können.18 Der Wechsel des bisher (auch) für die Deregulierung des Telekommunikations- marktes zuständigen Kommissars zum größten spanischen Telekommunikationsunternehmen war mehr als ungewöhnlich und konnte keinesfalls als „zurückhaltend“ bezeichnet werden, wie dies bereits der damalige Art 213 Abs 2 UAbs 3 EGV für ausgeschiedene Kommissare verlangte. Auf ihrer für Anfang Juli 1999 einberufenen informellen Krisensitzung rang sich die Kommission nach einer heftigen Debatte allerdings die Kompromissentscheidung ab, Bangemann ab sofort zu „beurlauben“, obwohl diese Vorgangsweise primärrechtlich an sich nicht vorgesehen war.19 Auf Initiative Großbritanniens, Frankreichs und Dänemarks gab sich der Rat mit dieser „Verlegen- heitslösung“ aber nicht zufrieden und beschloss am 9. 7. 1999 einstimmig, den Gerichtshof der 12 Vgl Hummer/ Obwexer, Die „geschäftsführende Kommission“ der Europäischen Gemeinschaften, JRP 1999, 181. 13 EuG 30. 5. 2002, T-197/00, Onidi/Kommission. 14 Hummer, Pensionskürzung für Kommissarin? Wiener Zeitung vom 8. 3. 2006, 11. 15 EuGH 11. 7. 2006, C-432/04, Kommission/Cresson Rz 150. 16 Hummer, Der lange Leidensweg der „Santer Kommission“, SN vom 15. 5. 1999, 22. 17 Siehe dazu vorstehend auf Seite 138. 18 Vgl Wilhelm Busch behält doch recht, NZZ vom 2. 7. 1999, 10; Bangemann wurde für seine Tätigkeit von Telefónica ein Jahressalär von ca 1 Mio € (!) in Aussicht gestellt. 19 Vgl Hummer, „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Silvio Berlusconi und die EU als „Wertege- meinschaft“, EuLF 2003/5, 1.
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Austrian Law Journal Volume 2/2016
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2016
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
40
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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