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Austrian Law Journal, Volume 2/2017
Page - 73 -
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Page - 73 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2017

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ALJ 2/2017 Der digitalisierte Forscher 73 sches Recht im Sinne der Rsp des k. k. Reichsgerichtes,20 mit dem Inkrafttreten der Bundesver- fassung am 10. 11. 1920 als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht iSd Art 144 B-VG.21,22 Seit nahezu 150 Jahren steht die Wissenschaftsfreiheit nunmehr mit unverändertem normativem Gehalt in Geltung. Ihr Schutzbereich entspricht auch heute noch dem Schutzbereich, der vom Verfassungsausschuss der Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung in Frankfurt am Main 1848 erstmals formuliert und vom Staatsgrundgesetzgeber des Jahres 1867 konstituiert worden ist. Der Schutzzweck besteht – die Entstehungsgeschichte der Wissenschaftsfreiheit belegt dies deut- lich – seit jeher in der Anerkennung der Eigengesetzlichkeit23 der Wissenschaft, präziser: einer jeder Fachwissenschaft, die – wegen dieser Eigengesetzlichkeit – der rechtlichen Regelung und Nachprüfung entzogen ist.24 Erich Kaufmann hat im gegebenen Zusammenhang von den „ewigen Grenzen des Recht[e]s“ gesprochen.25 Die Wissenschaftsfreiheit ist eine Reaktion auf die staatliche Bevormundung; sie bedeutet zugleich aber auch Emanzipation von kirchlicher Beeinflussung. Weder der Staat, noch eine gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine Religionsgemeinschaft oder andere gesellschaftliche Kräfte sollen beurteilen, ob eine Tätigkeit – ihr ernsthafter Versuch – und ihre Ergebnisse materiell wissenschaftlichen Anforderungen ent- sprechen, ob die Wahrheitssuche also erfolgreich war. Dies haben vielmehr die – insoweit sach- verständigen – Vertreter der jeweiligen Fachwissenschaft zu entscheiden.26 Ignaz Lehmann, einer der ersten Kommentatoren der Grundrechte des Deutschen Volkes, hat dies bereits 1849 in aller Deutlichkeit formuliert: „Dem Unrechten und Wahren in der wissenschaftlichen Forschung wird es überall, da wo Freiheit herrscht, an kampfgewachsenen, gleichen Gegnern nicht fehlen, die es bekämp- fen; und die Wahrheit bricht sich mit ihrer eigenen Kraft durch allen Irrthum hindurch von selbst die Bahn. Darum soll der Staat nicht das, was ihm an den Ergebnissen der Wissenschaft nicht [...] behagt, mit roher äußerer Gewalt niederhalten dürfen.“27 Der Wissenschaftsbegriff des StGG ist daher nicht nur ein formeller, würde doch die Aufnahme materieller Kriterien in diesen eine Einmischung der Rechtswissenschaft in den Bereich anderer Fachwissenschaften bewirken. Er ist auch ein materi- ell offener und wertneutraler Wissenschaftsbegriff. Der Schutz des Art 17 Abs 1 StGG soll nicht nur der Wissenschaft bzw der wissenschaftlichen Tätigkeit und den dabei erlangten Ergebnissen zukommen, die für gesellschaftlich wertvoll oder politisch wünschenswert erachtet werden, son- 20 Zur Rsp des k. k. Reichsgerichtes siehe Hye 2135/1914. 21 Art 144 Abs 1 iVm Art 149 Abs 1 B-VG und Art 17 Abs 1 StGG. 22 VfSlg 493/1925 und 3191/1957. 23 „Der Wesensgrund der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre liegt darin, daß die Wissenschaft […] besonderen, nicht aus der staatlichen Gemeinschaft und deren Befugnissen abzuleitenden Gesetzmäßigkeiten unterliegt und daher auch in ihren Institutionen das jenen Gesetzlichkeiten entsprechende Maß von Selbstbestimmung haben muß. Diese Gesetz- lichkeit besteht in dem Anspruch der auf rationalem Weg erkennbaren und erkannten Ergebnisse der Wissenschaft auf Allgemeingültigkeit“ so Meister, Lehr- und Lernfreiheit in der Thunschen Universitätsreform und in der Gegenwart in Österreich (1957) 214. 24 So auch Smend, Das Recht der freien Meinungsäußerung, in VVDStRL 4 (1928) 44 (61); siehe bereits die Beratun- gen im Verfassungsausschuss der Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung und den Bericht des Verfassungsausschusses in Droysen (Hrsg), Die Verhandlungen des Verfassungs-Ausschusses der deutschen Na- tionalversammlung Teil 1 (1849) 19; und Wigard (Hrsg), Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der Deutschen Constituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main III (1848) 2167 f. 25 Kaufmann, Untersuchungsausschuß und Staatsgerichtshof (1920) 80. 26 So bereits Kröll in Kneihs/Lienbacher Art 17 Abs 1, 5 StGG Rz 22 mit Verweis auf Smend, VVDStRL 4 (1928) 61; und Meister, Lehr- und Lernfreiheit 214 f. 27 Lehmann, Grundrechte 57.
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Austrian Law Journal Volume 2/2017
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2017
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
108
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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