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ALJ 2/2017 Der digitalisierte Forscher 77
Rechtslage in einem etwas entlegeneren Fachgebiet stundenlange Recherche in einer Bibliothek,
gar im Archiv, erforderte, der Vergangenheit angehören.52
Mit dem RIS und seinen vielfältigen Applikationen, der seit 2004 bzw 201453 und 201554 ebendort
papierlos erfolgenden Kundmachung der Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder in den
nunmehr elektronischen Gesetzblättern55 und der RIS-App,56 die es ermöglicht, auch unterwegs
auf Smartphone oder Tablet auf österreichische Rechtsvorschriften zuzugreifen, ist der vorläufige
Endpunkt in der Entwicklung der Rechtsinformation erreicht. Diese Entwicklung hat Mitte des
17. Jahrhunderts mit der Herausgabe der ersten privaten Gesetzessammlung, des „Codex Ferdi-
nandeus“, durch den Kanzler der Niederösterreichischen Regierung Johann Baptist Suttinger57
begonnen.58 Sie führte über weitere private Sammlungen mit zum Teil offiziösem Anstrich, wie
jenen des Hofsekretärs Joseph Kropatschek,59 in einem ersten Schritt zu den seit dem Ende des
18. Jahrhunderts unter Kaiser Joseph II. von den staatlichen Behörden selbst herausgegebenen
offiziellen Gesetzessammlungen, der Justizgesetzessammlung ab 1876 und der Politischen Ge-
setzessammlung 1890,60 und einem zweiten Schritt zur Kundmachung der Rechtsvorschriften in
den 1849 erstmals eingeführten Reichs- und den Landesgesetzblättern.61 Sie brachte schließlich,
im Jahr 2002, erstmals eine papierlose Kundmachung von Rechtsvorschriften – der Durchfüh-
rungsvorschriften der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes zu den Sozialversiche-
rungsgesetzen – im Internet62 hervor. Der tägliche Gebrauch des RIS und seiner vielfältigen Applika-
tionen ist für jeden österreichischen Rechtswissenschaftler eine Selbstverständlichkeit. Wer sich
einmal auf die Suche nach ausländischen, bspw italienischen Rechtsvorschriften in ihrer gelten-
den Fassung machen musste, lernt erst seine Qualität schätzen.
Auch das historische, nicht mehr in Geltung stehende österreichische Recht ist dem interessier-
ten Rechtswissenschaftler in digitaler Form zugänglich. ALEX, der digitale Lesesaal der Österrei-
chischen Nationalbibliothek, dokumentiert nicht nur den staatlichen NormausstoĂź vergangener
staatlicher Epochen, sondern bildet auch eine hervorragende Quelle fĂĽr Forschung zu Geschichte,
Politik, Kultur und Gesellschaft.63
In einer dem RIS vergleichbaren Weise ermöglicht das vom interinstitutionellen Amt für Veröf-
fentlichungen der Europäischen Union betriebene EUR-Lex jedermann einen kostenfreien Zugriff
52 Forgó/Holzweber, Vom EDV-Versuchsprojekt „Verfassungsrecht“ zum Rechtsinformationssystem des Bundes, in FS
Lachmayer (2014) 257; und Weichsel, Rechtsinformationssystem (RIS) – Ein Rück- und Ausblick, in FS Lachmayer
(2014) 185 (185–188).
53 Kärnten, Steiermark, Tirol und Wien.
54 Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg.
55 Kundmachungsreformgesetz 2004 BGBl I 2003/100; ErläutRV 93 BlgNR 22. GP 3 ff; Verwaltungsgerichtsbarkeits-
Novelle 2012 BGBl I 2012/51; ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 11; und Rosner, Authentische Kundmachung der Lan-
desgesetzblätter im Rechtsinformationssystem des Bundes, in FS Lachmayer (2014) 661.
56 Siehe http://www.ris.bka.gv.at/UI/RISApp.aspx (abgefragt am 4. 5. 2017).
57 Neschwara, Johann Baptist Suttinger (1608–1662), in FS Brauneder (2008) 363.
58 Pauser, LandesfĂĽrstliche Gesetzgebung (Policey-, Malefiz- und Landesordnungen), in Pauser/Scheutz/Winkelbauer
(Hrsg), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert) (2004) 216 (234 f).
59 Pauser in Pauser/Scheutz/Winkelbauer 235–238.
60 Pauser in Pauser/Scheutz/Winkelbauer 238 f.
61 Kaiserliches Patent vom 4. 3. 1849, wodurch die EinfĂĽhrung eines allgemeinen Reichs-Gesetz- und Regierungs-
blattes sowie der Landes-Gesetz- und Regierungsblätter angeordnet wird RGBl 1849/153.
62 58. Novelle zum ASVG BGBl I 2001/99; und 59. Novelle zum ASVG BGBl I 2002/1. Siehe Souhrada, www.avsv.at:
Amtliche Verlautbarungen der Sozialversicherung im Internet, SoSi 2002, 6.
63 Siehe http://alex.onb.ac.at (abgefragt am 4. 5. 2017).
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Austrian Law Journal
Volume 2/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 108
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal