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ALJ 2/2017 Johannes Hager 100
schon deshalb, weil die Norm nicht die Störerhaftung regelt,46 sondern nur die strafrechtliche
Verantwortung und die Schadensersatzpflicht des Diensteanbieters.47
1. Allerdings war die deutsche Rsp am Anfang sehr zurückhaltend was den Begriff des Störers
angeht. Bei einer markenrechtlichen Entscheidung betont der BGH, dass es der Beklagten – in
diesem Fall der Denic – nur dann zumutbar sei, die Registrierung eines Domain-Namens abzu-
lehnen oder sie aufzuheben, wenn unschwer zu erkennen sei, dass die Nutzung dieses Namens
Rechte Dritter beeinträchtige.48 Generell sei die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informa-
tionsfĂĽlle des Internets ohne Suchdienste praktisch ausgeschlossen.49 Auch hier haben sich die
Maßstäbe geändert. Der Host-Provider ist verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsver-
letzung hat.50 Eine derartige Kenntnis folgt regelmäßig aus der Beanstandung eines Betroffe-
nen.51 Der Betreiber eines Internetforums ist Herr des Angebots; der Betroffene kann Löschungs-
und UnterlassungsansprĂĽche auch gegen ihn richten.52
2. Der Störerbegriff wird dabei von den verschiedenen Senaten des BGH recht uneinheitlich
definiert, ohne dass es in der Sache zu groĂźen Differenzen kommt. Der I. Senat behandelt denje-
nigen als Störer, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt.53 Der VI. Senat bezeichnet als
Störer, wer die Störung willentlich und adäquat kausal verursacht.54 Dabei genügt auch die Un-
terstĂĽtzung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten, sofern der
in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.55
Der V. Senat fordert, dass die Störung zumindest mittelbar auf den Eigentümer oder Besitzer der
störenden Sache zurückgeht.56 Sieht man näher zu, so geht es nicht um den Begriff des Störers;
in Rede steht vielmehr die Täterschaft. Wer weiß, dass er stört, handelt mit Vorsatz und ist des-
wegen nicht nur zum Unterlassen, sondern ab dem Zeitpunkt der Kenntnis auch zum Schadens-
ersatz verpflichtet.
3. Damit sind die Pflichten des Host-Providers nicht abschlieĂźend beschrieben. Den Betreiber
können zusätzliche Prüfpflichten treffen.57 Diese Prüfpflichten sind unterschiedlich zu beschrei-
ben; sie hängen ab vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie von den Erkenntnis
46 BGH I ZR 304/01 BGHZ 158, 236 (248); VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 (332) Rz 14; VI ZR 101/06 NJW 2007, 2558.
47 BGH VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 (332) Rz 14; VI ZR 101/06 NJW 2007, 2558 (2559).
48 BGH I ZR 251/99 BGHZ 148, 13 (18); I ZR 120/96 GRUR 1999, 418 (419); OGH 4 Ob 166/00 GRUR-Int 2001, 790 (792); 4
Ob 194/05s GRUR-Int 2006, 955 (956): „Auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig“.
49 BGH I ZR 259/00 BGHZ 156, 1 (18 f).
50 BGH I ZR 304/01 BGHZ 158, 236 (251 f); I ZR 18/04 BGHZ 173, 188 (203) Rz 47; I ZR 57/09 BGHZ 191, 19 (26) Rz 21;
VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (226) Rz 24; VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (148) Rz 23.
51 BGH VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (227 f) Rz 22; VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (148) Rz 23.
52 BGH VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 (332) Rz 14.
53 BGH I ZR 304/01 BGHZ 158, 236 (251) (unter Berufung auf BGH I ZR 251/99 BGHZ 148, 13 (17)); I ZR 121/08 BGHZ
185, 330 (335) Rz 19; I ZR 57/09 BGHZ 191, 19 (24) Rz 20; I ZR 174/14 BGHZ 208, 82 (91) Rz 21; I ZR 80/12 NJW
2013, 3245 (3247) Rz 30; I ZR 22/99 NJW-RR 2002, 832 (833).
54 BGH VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (225) Rz 21 f; VI ZR 269/12 BGHZ 197, 213 (222) Rz 24; VI ZR 340/14 BGHZ 206,
289 (301) Rz 34; VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (147) Rz 22; VI ZR 373/02 NJW 2004, 762 (765).
55 BGH VI ZR 269/12 BGHZ 197, 213 (222) Rz 24; VI ZR 340/14 BGHZ 206, 289 (301) Rz 34.
56 BGH V ZR 44/10 NJW 2011, 753 (754) Rz 13.
57 BGH I ZR 317/01 BGHZ 158, 343 (352 ff); I ZR 121/08 BGHZ 185, 330 (336) Rz 19; VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (226)
Rz 21; I ZR 18/11 BGHZ 194, 339 (345) Rz 19; I ZR 174/14 BGHZ 208, 82 (91) Rz 21; VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139
(153) Rz 38; I ZR 124/03 NJW 2006, 2764 (2766) Rz 32; I ZR 80/12 NJW 2013, 3245 (3247) Rz 70; I ZR 73/05 NJW-RR
2008, 1138 (1139) Rz 50; I ZR 155/09 GRUR 2011, 617 (619) Rz 37.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 108
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal