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ALJ 2/2017 Datenschutz in den sozialen Medien 101
möglichkeiten des Providers.58 Zu berücksichtigen sind die Zumutbarkeit,59 Funktion und Aufga-
benstellung des vom Provider betriebenen Dienstes und die Eigenverantwortung des Nutzers.60
Damit wird allerdings auf Verschulden abgestellt und nicht auf die bloße Störung. Es geht dann
um die Verkehrspflicht zum Schutz der fremden Persönlichkeit,61 wie sie etwa aus der Recher-
chepflicht der Presse bekannt ist.62 Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich die not-
wendige Tatsachengrundlage zu verschaffen.63
4. Ein besonderes Problem stellt die Nennung des Täters dar. In Österreich treten allerdings
wegen § 18 Abs 4 ECG in dieser Hinsicht keine Fragen auf. Der Betroffene hat unter den dort
genannten Voraussetzungen ein Recht auf Auskunft.
a. Der BGH hat dagegen für das deutsche Recht wegen § 12 Abs 2 dTMG ein Recht des Ver-
letzten verneint, den Namen des Täters genannt zu bekommen. Eine Verwendung von Daten
liege auch bei einer Übermittlung an Dritte vor.64 Die Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs –
die Auskunft – sei angesichts von § 12 Abs 2 dTMG unmöglich. Es fehle an einer Rechtsvorschrift,
die dies erlaube, ebenso natürlich an der Einwilligung des Autors.65 § 242 dBGB enthalte keine
Erlaubnis iSd § 12 Abs 2 dTMG.66 Auch § 14 Abs 2 dTMG greife nicht ein, da die dort genannten
Zwecke nicht einschlägig seien.67 Auch eine Analogie zu den § 14 Abs 2, § 15 Abs 5 Satz 4 dTMG
scheide mangels einer Lücke aus.68 Man mag so entscheiden, wenn die Inhalte rechtmäßig sind
und deshalb ohnehin keine AnsprĂĽche gegen den Autor in Frage kommen.69
b. Anders liegt es dagegen, wenn eine Rechtsverletzung gegeben ist.70 Denn der Schutz der
Persönlichkeit ist verfassungsrechtlich gefordert.71 Daran kann das dTMG als Norm des einfachen
Rechts nichts ändern. So ist schon unklar, warum die Möglichkeit, vom Host-Provider Abhilfe
verlangen zu können,72 den Anspruch gegen den Täter ausschließen soll. Auch ist nicht einzuse-
hen, warum die anonyme Nutzung im Internet stets zulässig73 oder ihm gar immanent sein soll.74
Die Lage ist vielmehr geradewegs umgekehrt. Neben dem Autor können weitere Personen als
Störer zur Unterlassung verpflichtet sein, so der Verleger,75 die Sendeanstalt,76 der Redakteur77
58 BGH VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (226 f) Rz 22 und Rz 26; VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (153) Rz 38.
59 BGH I ZR 251/99 BGHZ 148, 13 (17); I ZR 304/01 BGHZ 158, 236 (251); I ZR 317/01 BGHZ 158, 343 (350); I ZR 57/09
BGHZ 191, 19 (25) Rz 20; VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (226) Rz 22; VI ZR 210/08 NJW-RR 2009, 1413 (1414) Rz 18.
60 BGH I ZR 304/01 BGHZ 158, 236 (251 f); VI ZR 93/10 BGHZ 191, 219 (226) Rz 22; I ZR 169/12 BGHZ 200, 76 (82) Rz 22;
VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (153) Rz 38; VI ZR 210/08 NJW-RR 2009, 1413 (1415) Rz 18; I ZR 240/12 GRUR 2015, 485
(490) Rz 50.
61 J. Hager in Staudinger, BGB (2017) § 823 Rz C 110.
62 J. Hager in Staudinger, BGB (2017) § 823 Rz C 112.
63 BGH VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (155) Rz 42.
64 BGH VI ZR 345/13 BGHZ 201, 380 (383 f) Rz 9 ff; VI ZR 358/13 BGHZ 202, 242 (254 f) Rz 36 f; Giebel, Zivilrechtlicher
Rechtsschutz gegen Cybermobbing in sozialen Netzwerken, NJW 2017, 977; anders noch BGH VI ZR 105/82 BGHZ 91,
233 (241); aA Seitz in Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg), Multimedia-Recht (2012) VIII Rz 72.
65 BGH VI ZR 345/13 BGHZ 201, 380 (383 f) Rz 10.
66 BGH VI ZR 345/13 BGHZ 201, 380 (384) Rz 11.
67 BGH VI ZR 345/13 BGHZ 201, 380 (384 f) Rz 12.
68 BGH VI ZR 345/13 BGHZ 201, 380 (385) Rz 13 ff.
69 So lag es nach Meinung des BGH VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 (338 ff) Rz 30 ff.
70 Sie kam im Fall BGH VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (250 ff) Rz 29 ff in Betracht.
71 BGH VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (150 ff) Rz 29 ff.
72 So BGH VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 (341) Rz 38; VI ZR 358/13 BGHZ 202, 242 (254) Rz 36.
73 BGH VI ZR 34/15 BGHZ 209, 139 (153) Rz 38.
74 So aber BGH VI ZR 358/13 BGHZ 202, 242 (256) Rz 41.
75 BGH I ZR 8/51 BGHZ 3, 270 (275 f); I ZR 38/53 BGHZ 14, 163 (174); VI ZR 101/06 NJW 2007, 2558 (2559) Rz 13.
76 BGH VI ZR 246/74 BGHZ 66, 182 (188); VI ZR 101/06 NJW 2007, 2558 (2559) Rz 13.
77 BGH VI ZR 55/62 BGHZ 39, 124 (129 f); VI ZR 16/73 NJW 1974, 1762; VI ZR 68/73 VersR 1974, 1080.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 108
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal