Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
Austrian Law Journal
Austrian Law Journal, Volume 2/2017
Page - 136 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 136 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2017

Image of the Page - 136 -

Image of the Page - 136 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2017

Text of the Page - 136 -

ALJ 2/2017 Christoph Bezemek 136 II. Das extendierende Moment Dass das eine weite Fragestellung ist, die im gegebenen Zusammenhang kaum umfassend be- handelt werden kann, ist klar. Ebenso klar erscheint jedenfalls auf einen ersten Blick, dass, soweit die Optionen individueller Selbstbestimmung angesprochen sind, Digitalisierung zunächst als ex- tendierendes Moment zu begreifen ist; ein Umstand, der besonders plastisch in der Verschrän- kung eigentlicher und virtueller Realität über interaktive oder kollaborative Prozesse des Web 2.0 zu Tage tritt, denen entschieden positive Auswirkungen auf die Handlungsspielräume des Einzel- nen zukommen: Das gilt für die im weiteren Sinn soziale, für die sexuelle, aber auch für die politi- sche Selbstbestimmung des Individuums: Noch nie war es so einfach, soziale Beziehungen anzu- bahnen, aufrechtzuerhalten oder auch abzubrechen. Ebenso mag es für eine qualifizierte Vielzahl der Bevölkerung noch nie so einfach gewesen sein, sich sozialen Interaktionen weitgehend zu verschließen und etwa notwendige Konsumgüter oder Dienstleistungen ohne zwischenmenschli- chen Kontakt zu beziehen. Die Realisierung sexueller Bedürfnisse schöpft aus einer bekannter- maßen tiefen Quelle, die von der ubiquitären Verfügbarkeit pornographischer Inhalte bis hin zu spezifischen Applikationen reicht, die allein (oder jedenfalls vordringlich) der kurzfristigen An- bahnung erotischer Intermezzi dienen sollen. Und was die politische Dimension anlangt, muss die Potenz der 4. Revolution, auch für die Länder, in denen sie – im engeren Sinn – zu keinem Umsturz geführt hat, kaum bewiesen werden; allzu offenkundig und allzu einschneidend sind die Effekte, die hier von den Partizipations- und Organisationsmöglichkeiten digitaler Instrumente ausgehen.4 Aus rechtlicher Perspektive, zumal aus der Perspektive einer freiheitlichen Ordnung, scheint die Inanspruchnahme der so skizzierten Möglichkeiten digital katalysierter selbstbestimmter Lebens- führung damit begrüßenswert; mehr noch: sie scheint dem dieser Ordnung zugrunde liegenden Leitbild des Individuums, das in seiner, über seine und auch abseits seiner gesellschaftlichen Einbettung selbstbestimmter und eigenverantwortlicher Akteur ist, in hohem Maße entgegenzu- kommen. Selbstredend sind die üblichen Vorbehalte anzubringen, was Daten- und Privatsphärenschutz bis hin zum vielzitierten Recht auf Vergessenwerden anlangt;5 insoweit Selbstbestimmung – jeden- falls dem Grunde nach – auf normativer Ebene stets bedingt, die Voraussetzung dafür zu schaf- fen, das Individuum selbst bestimmen zu lassen, in welchem Ausmaß die eigene Lebensführung entäußert wird. Dieser ausgetretene Pfad soll hier jedoch nicht beschritten werden. 4 Vgl dazu aus dem unüberschaubaren sozialwissenschaftlichen Schrifttum etwa Shah/Cho/Eveland/Kwak, Informa- tion and Expression in a Digital Age: Modeling Internet Effects on Civic Participation, Communication Research 2005, 531; Mossberger/Tolbert/McNeal, Digital Citizenship: The Internet, Society, and Participation (2008); Gil de Zúñiga/Veenstra/Vraga/Shah, Digital Democracy: Reimagining Pathways to Political Participation, Journal of Infor- mation Technology & Politics 2010, 36, oder die Texte bei Allen/Light (Hrsg), From Voice to Influence: Under- standing Citizenship in a Digital Age (2015). 5 EuGH 13. 5. 2014, C-131/12, Google Spain und Google. Dazu nur aus dem neueren Schrifttum Post, Data Privacy and Dignitary Privacy: Google Spain, the Right to Be Forgotten, and the Construction of the Public Sphere, Yale Law School, Public Law Research Paper 2017/598. Mit Blick auf Art 17 DSGVO vgl aus der aktuellen Handbuchlite- ratur den Abriss bei Haidinger, Die Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertrag- barkeit und Widerspruch (Art 15–21 DSGVO), in Knyrim (Hrsg), Datenschutz-Grundverordnung: Praxishandbuch (2016) 125 (131–133).
back to the  book Austrian Law Journal, Volume 2/2017"
Austrian Law Journal Volume 2/2017
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2017
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
108
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Austrian Law Journal