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Austrian Law Journal
Austrian Law Journal, Volume 2/2018
Page - 81 -
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Page - 81 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2018

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ALJ 2018 Lando Kirchmair 81 Das gelindere Mittel eines privatrechtlichen Erwerbs wurde erfolglos zuvor erprobt.77 Offen bleibt, inwieweit weitere Bemühungen um die Aufrechterhaltung des Untermietvertrages poten- tiell in Kombination mit zwingenden Eigentumsbeschränkungen (bspw in der Form von zwangs- weiser Durchsetzung gewisser Untermieter, ein erzwungenes Vorkaufsrecht oder ein Verbot des Verkaufs an bestimmte Personen oder Gruppen) möglich gewesen wären, ohne das öffentliche Interesse an der Sache zu verfehlen. Insofern auch diese Beurteilung schwierig mit Sicherheit vorgenommen werden kann, kann zumindest darauf hingewiesen werden, dass die bisherige und gegenwärtige Nutzung eben nicht geeignet war, das öffentliche Interesse zu erfüllen. Die Enteignung scheint, folgt man dieser Logik, ultima ratio zu sein. Die Einzigartigkeit des grundle- genden Falles und die geschichtlich sowie real(verfassungs)politisch damit für die Republik Öster- reich verbundene Verantwortung trägt diese Einschätzung und den damit zusammenhängenden großen Ermessensspielraum. Dass die Schwierigkeiten, welche mit der Symbolik von nationalsozialistischen Pilgerstätten ver- bunden sind, nicht mit der Auflösung eines Grabes wie im Fall Heß oder der Enteignung des „Hit- ler Hauses“ erledigt sind, zeigt auch hier wiederum die Schwierigkeit zu bestimmen, ob es ein gelinderes Mittel als die Enteignung gegeben hätte. Insofern gewisse Orte als Symbole für uner- wünschte Tätigkeiten missbraucht werden, ist ganz allgemein von Relevanz, wie dem beizukom- men ist. Jedenfalls zeigen auch vergleichende Beispiele wie der Obersalzberg, dass auch die Beauftragung von privaten oder anderen öffentlich-rechtlichen Trägern, wie dem Institut für Zeitgeschichte München, von der Zustimmung der Eigentümer abhängig ist. Im Fall des Ober- salzberges war dies der Freistaat Bayern, an welchen das Eigentum nach dem Abzug der ame- rikanischen Streitkräfte 1996 zurückging. Dennoch verbleibt die Frage, ob die Enteignung tat- sächlich ultima ratio war, aufgrund des schwierig zu bestimmenden öffentlichen Interesses offen. Die Meinung, dass auch das weniger weitreichende Mittel der Eigentumsbeschränkung oder anderweitige Mittel hätten wahrgenommen werden können, um die Deutungshoheit über die Symbolik des Hauses zu erlangen, kann nicht klar verneint werden. Der VfGH hat allerdings an- ders entschieden.78 Gerade ein aktives Tun, welches öffentliche Anstrengung und Investition bedeutet, kann tat- sächlich nur schwer von einem Individuum umgesetzt werden. Darüber hinaus wurde in jahre- langen Bemühungen scheinbar ein derart aktives Tun von Seiten der Eigentümerin nicht wahr- genommen, ja das Wahrnehmen einer aktiven Auseinandersetzung sogar erschwert. Das be- deutet, dass das öffentliche Interesse an dem Objekt – in Form der Deutungshoheit über des- sen Wahrnehmung – angenommen werden kann und das Individualinteresse der Eigentümerin mit dem Objekt nach ihrem Willen zu verfahren – aufgrund der Einzigartigkeit dieses Falles – übersteigt. Gleichzeitig bedeutet dies allerdings auch einen Auftrag an die Republik als nun- mehrige Eigentümerin, eben dieses von der vormaligen Eigentümerin nicht zu bewerkstelli- gende bzw vermisste aktive Tun aufzunehmen. Die Enteignung steht also wesentlich mit der zukünftigen Nutzung im Zusammenhang. Dies bedeutet zugleich noch nicht, dass der Fall so- 77 VfSlg 20.186/2017 Rz 36, vgl dazu ebenso bereits ErläutRV 1250 BlgNR 25. GP, welche interessanterweise Eigen- tumsbeschränkungen diskutieren, aber aufgrund der durch den Zweck geforderten Eigentumsbeschränkungen und das Ausmaß welches diese annehmen müssten anstelle einer „de facto Enteignung“ eine „formelle Enteig- nung“ als sachgerechter einstufen. 78 Als Nebenbemerkung kann auf die Tätigkeitsberichte des VfGH aus den Jahren 2014 bis 2009 (abrufbar unter https://www.vfgh.gv.at/verfassungsgerichtshof/publikationen/taetigkeitsberichte.de.html) verwiesen werden, welche in diversen Sprachen mit der Aussage übertitelt wurden: „Verfassungsgerichtshof heißt entscheiden.“
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Austrian Law Journal Volume 2/2018
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2018
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
94
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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