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ALJ 2018 Katharina Huber 92
III. Meinungsstand in der Literatur
Diese Entscheidung des OGH steht im Einklang mit der bisher hL.20 Jüngere Literaturmeinungen
sehen diese Auffassung kritischer. Nach P. Bydlinski21 sollte in Fällen, in denen bei Vertragsab-
schluss die Absicht zu privater Nutzung überwiegt, Verbraucherschutzrecht angewendet werden.
Nach Zehentmayer22 bestünden auch gute Gründe für die Einführung der Überwiegensregel hin-
sichtlich des restlichen Geltungsbereiches des KSchG. Er betrachtet eine gesetzliche Klarstellung
als hilfreich. Kronthaler/Schwangler23 sprechen sich für eine Aufspaltung des Vertrages bei „Teil-
barkeit der Sache“ aus, dh wenn die Leistung klar in einen (eindeutig und ausschließlich) privat
genutzten Teil und einen (ebenso eindeutig und ausschließlich) unternehmerisch genutzten Teil
geteilt werden kann.
IV. Eigene Stellungnahme
In der Folge soll aus Anlass der Entscheidung des OGH 7 Ob 94/14w („Fertigparkett“-Fall) die Dual-
Use-Problematik am Beispiel des Verbrauchsgüterkaufs bzw der VGK-RL erörtert werden. Zu-
nächst wird die (autonome) Auslegung der VGK-RL als Unionsrechtsakt untersucht. Darauf auf-
bauend wird die RL-konforme Auslegung nationalen Rechts behandelt. IdZ werden auch Überle-
gungen zum autonom-nationalen Recht vorgenommen.
Die RL-konforme Auslegung nationalen Rechts setzt das Verständnis und die Auslegung des
Unionsrechts voraus.24 Zunächst ist als Vorfrage zu beantworten, ob eine autonome Interpretati-
on oder eine Verweisung auf nationales Recht intendiert ist, wobei für Erstere eine Vermutung
spricht,25 die auch hier zum Tragen kommt. Der Wille des Gesetzgebers an einem autonomen
Konzept ergibt sich im gegenständlichen Fall schon daraus, dass der Gesetzgeber den Verbrau-
cherbegriff selbst bestimmt.26 Wie nach nationalem Recht kann grundsätzlich bei der autonomen
Auslegung des Unionsrechts zwischen vier Auslegungsarten, nämlich der grammatikalischen,
historischen, systematischen und teleologischen Auslegung, unterschieden werden27, wobei es
Überschneidungen gibt und die Grenzen teilweise fließend sind.
Mayrhofer/Nemeth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), Klang3 § 1 KSchG Rz 52; Kathrein/Schoditsch in Koziol/
Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB5 (2017) § 1 KSchG Rz 4 (letztere lassen eine unionsrecht-
liche Dimension überhaupt außer Acht. Sie zitieren OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 78/10i, derzufolge das KSchG auf ein
Dauerschuldverhältnis keine Anwendung findet, wenn das Rechtsgeschäft zum Abschlusszeitpunkt zwischen
zwei Unternehmern abgeschlossen worden ist; ein Vertragspartner aber später seine Unternehmertätigkeit ein-
stellt.); kritisch Faber, ZEuP 1998, 854 (885 ff); Lurger/Augenhofer, Österreichisches und Europäisches Konsumen-
tenschutzrecht (2008) 36 f; zur Übertragbarkeit der Rsp des IZVR auf das IPR: Lurger/Melcher, Handbuch Interna-
tionales Privatrecht (2017) Rz 4/102 mwN.
20 Ibid.
21 P. Bydlinski, RdW 2017, 13.
22 Zehentmayer, JBl 2016, 614 ff.
23 Kronthaler/Schwangler, RdW 2016, 251; zust Faber/Klampferer in Eilmansberger/Herzig 320 f.
24 Gebauer, Europäische Auslegung des Zivilrechts in Gebauer/Wiedmann (Hrsg), Zivilrecht unter europäischen
Einfluss2 (2010) Rz 3; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft3 (1999) 204, 211 f, 312 ff.
25 Vgl Riesenhuber, Auslegung, in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre3 (2015) § 10 Rz 6.
26 Vgl Riesenhuber in Riesenhuber § 10 Rz 4.
27 Vgl Riesenhuber in Riesenhuber § 10 Rz 12 ff; Gebauer in Gebauer/Wiedmann Rz 4; Obwexer, Funktionalität und
Bedeutung der Rechtsvergleichung in der Rsp des EuGH in Gamper/Verschraegen (Hrsg), Rechtsvergleichung als
juristische Auslegungsmethode (2013) 115 (115 f). Die von Wendehorst, Methodennormen in kontinentaleuropäi-
schen Kodifikationen, RabelsZ 2011, 730 (759 ff) befürwortete Schaffung von unionsrechtlichen Methodennor-
men zur Ergänzung nationaler Methodennormen würde sich von klassischen Methodennormen von kontinen-
taleuropäischen Rechtsordnungen deutlich abheben und der autonomen Methodologie des Unionsprivatrechts
und dessen Zusammenspiel nationalem Recht Rechnung tragen. Sie weist auf die damit verbundenen Heraus-
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Austrian Law Journal
Volume 2/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 94
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal