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Austrian Law Journal, Volume 2/2018
Page - 96 -
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Page - 96 - in Austrian Law Journal, Volume 2/2018

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ALJ 2018 Katharina Huber 96 rechtsaktübergreifenden Auslegung im Allgemeinen (i). Anschließend wird der Frage nachgegan- gen, wie die systematische, insb rechtsaktübergreifende Auslegung zu erfolgen hat (ii). i. Zulässigkeit und Grundlagen der rechtsaktübergreifenden Auslegung im Allgemeinen Als Voraussetzung für die rechtsaktübergreifenden Auslegung wird in der Literatur beurteilt, dass der Normgesetzgeber ein inneres System mit anderen Normen beabsichtigt.48 Die systematische Auslegung argumentiert auch mit der Einheit und dem inneren System der Rechtsordnung, wel- ches den Inhalt von einzelnen Normen beeinflusst. Dem inneren System liegt der Gedanke einer widerspruchsfreien und wertungsmäßigen Rechtsordnung zugrunde.49 Das Unionsrecht ist aber diesbezüglich nicht mit dem autonom-nationalen Recht zu vergleichen. Vielmehr sind die Rege- lungen des Europäischen Privatrechts fragmentarisch. Zur umfassenden rechtlichen Bewertung eines Rechtsverhältnisses muss auf eine Vielzahl autonom-nationaler Regelungen zurückgegrif- fen werden (bspw Erfüllung, Schadenersatz, Bereicherung, Rückabwicklung).50 Das Privatrecht der EU stellt nicht auf Vollständigkeit ab; dies wäre auch kompetenzrechtlich gar nicht zulässig, weil die EU nur eine punktuelle Regelungskompetenz hat.51 Daraus werden in der Literatur unterschiedliche Schlüsse im Hinblick auf die systematische, insb rechtsaktübergreifende Auslegung gezogen: Nach einem Teil der Lehre wird deshalb der systematischen Auslegung wenig Gewicht einge- räumt: Ipsen war 1972 überhaupt noch zurückhaltend, als er betonte, dass die systematische Auslegung nicht zu überschätzen sei, weil das systematische Niveau des Primär-und Sekundär- rechts nicht jenes von nationaler Gesetzgebung erreiche.52 Wolff lässt aufgrund des fragmentari- schen Charakters die systematische Auslegung überhaupt scheitern.53 Eine differenzierte Sichtweise wird insb von Höpfner/Rüthers und Herresthal vertreten. Höpfner/ Rüthers argumentieren, dass je mehr Wertungsverschiedenheiten und Wertungswidersprüche zwischen den Rechtsakten bestehen, desto weniger Überzeugungskraft komme der Auslegung 48 Herresthal, Zur Dogmatik und Methodik des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts nach dem Vorschlag der Kaufrechts-Verordnung in Jansen/Schulte-Nölke/Zoll (Hrsg), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht (2012) 85 (143); Riesenhuber in Riesenhuber § 10 Rz 22 ff; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung: Zur Auflösung einfachgesetzlicher, verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Widersprüche im Recht (2008) 99 ff, 108 f; Höpfner/Rüthers, Grundlagen einer europäischen Methodenlehre, AcP 2009, 1 (12 f); Stürner, Das Verhältnis des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts zum Richtlinienrecht in Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg), Optiona- les europäisches Kaufrecht, 47 (75 ff); Stürner, Das Verhältnis des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts zum Richtlinienrecht, in Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg), Optionales europäisches Kaufrecht (2012) 47 (75 ff); EuGH 25. 10. 2005, C-350/03, Schulte/Badenia; EuGH 7. 12. 2010, C-585/08 u C-144/09, Pammer und Hotel Alpen- hof, NJW 2011, 505 Rz 34 ff. 49 Vgl dazu allgemein iZm der systematisch-teleologischen Auslegung F. Bydlinski/P. Bydlinski, Grundzüge der juristi- schen Methodenlehre2 (2012) 45 f; Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, entwickelt am Beispiel des deutschen Rechts2 (1983) 98; Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kon- tinent I, II (2001) 206; Grundmann, RabelsZ 2011, 904; Höpfner/Rüthers, 2009, 12; vgl zu den unterschiedlichen Verbraucherbegriffen: Faber, ZEuP 1998, 854; Roth, Europäisches Recht und nationales Recht in Canaris ua (Hrsg), 50 Jahre Bundesgerichtshof II (2000) 854 (881): durch die Verbraucherrechterichtlinie wurden aber Widersprüch- lichkeiten zwischen vier verschiedenen Richtlinien behoben; aA Riesenhuber in Riesenhuber § 10 Rz 23: Bei Be- trachtung des Harmonisierungskonzepts sei das Europäische Privatrecht zu großen Teilen vollständig. 50 Vgl Grigoleit, Der Verbraucheracquis und die Entwicklung des Europäischen Privatrechts, AcP 2010, 354 (378). 51 Heeresthal, Die Rechtsgewinnung in einer fragmentarischen supranationalen Rechtsordnung, in Arnold (Hrsg), Grundlagen eines europäischen Vertragsrechts (2013) 49 (68); Riesenhuber in Riesenhuber3 § 10 Rz 24 versteht das Europäische Privatrecht vollständig und nur vereinzelt lückenhaft. 52 Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht (1972) 134. 53 Wolff, Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG – Systematischer Teil, in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäi- schen Union IV40 (2009) Vor A2 Rz 33.
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Austrian Law Journal Volume 2/2018
Title
Austrian Law Journal
Volume
2/2018
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
94
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
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