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ALJ 2018 Dual-Use-Verträge 109
aufgenommen wurde,130 kann auch als Indiz dafür ausgelegt werden, dass dieser Regel mittels
Auslegung ieS Wirksamkeit verschafft werden kann.
Keine klaren Hinweise ergibt die historische Auslegung. In den Materialien wurde lediglich betont,
dass der umfassendere Verbraucherbegriff iSd § 1 KSchG zum Tragen komme, der insb auch
Gründungsgeschäfte, Idealvereine usw umfasse.131 Auf Dual-Use-Geschäfte wurde nicht Bezug
genommen.
Hinsichtlich der teleologischen Auslegung, können die Argumente, die bereits iZm der teleologischen
Auslegung im Rahmen der autonomen Auslegung vorgebracht wurden, für eine RL-konforme Aus-
legung von § 1 Abs 1 Z 1 KSchG herangezogen werden. ISd RL-konformen Auslegung als inter-
pretatorische Vorrangregel lässt sich daher ein Geschäft, das nicht überwiegend zum Betrieb des
Unternehmens gehört, als Verbrauchergeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG klassifizieren.
2. Überlegungen zur Überwiegensregel im autonom-nationalen Recht
Im autonomen Recht wird besonders mit teleologischen Argumenten gerechtfertigt, dass ein Ge-
schäft mit gemischter Zwecksetzung jedenfalls zur Gänze als Unternehmensgeschäft zu bewerten
ist.132 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Unternehmer weniger schutzbedürftig ist, wenn
er über bestimmte die Eigenverantwortung kennzeichnende Merkmale, wie besondere Kenntnisse
oder planmäßiges Handeln, verfügt.133 Zu diesem Fachwissen zählt die Erfahrung mit Zwischen-
fällen und wie mit diesen günstig umzugehen ist.134
Gegen diese Auffassung spricht, dass diese besonderen Merkmale auch vorliegen, wenn jemand
ein Geschäft abschließt, das geeignet ist, zu seinem Betrieb zu gehören, im konkreten Fall aber
ausschließlich zu privaten Zwecken getätigt wird. Hier liegt ein Verbrauchergeschäft vor, obwohl
jemand über diese besonderen Merkmale verfügt.
Diese Herangehensweise wie bisher im autonom-nationalen Recht stellt eine einfachere Lösung
dar. Die mit einer Abwägung verbundenen Unsicherheiten würde man sich ersparen,135 was zwar
der Rechtssicherheit dienen mag, aber nicht ausschlaggebend sein sollte. Vielmehr scheint eine
Mittellösung in Form des Vernachlässigbarkeitstests oder auch der Überwiegensregel einem
beiderseitigen Interessensausgleich näherzukommen. Es ist zweifelhaft, ob iSd Prinzips der beider-
seitigen Rechtfertigung136 die für den autonomen Ansatz ins Treffen geführte mit dem Unter-
nehmensbetrieb typischerweise verbundene Fachkenntnis die besondere Belastung des Käufers,
130 Der Verbraucherbegriff iSd § 1 KSchG soll auch die Verbraucherdefinition der VRRL umsetzen. Nicht ausdrücklich
Eingang gefunden hat die Überwiegensregel. Es ist aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit § 1 KSchG
den Verbraucherbegriff iSd VGK-RL inkl Überwiegensregel umsetzen wollte, wenngleich diese Bestimmung schon
vor der Umsetzung der VGK-RL bestand.
131 ErläutRV 89 BlgNR 15. GP 5.
132 OGH 12. 6. 2001, 4 Ob 135/01h; 26. 1. 2005, 7 Ob 22/04t; 19. 12. 2012, 7 Ob 190/12k (§ 30 b KSchG ist nur anzu-
wenden, wenn der Käufer die Liegenschaft gekauft hat, um dort seinen Hauptwohnsitz und nicht auch die Betriebs-
stätte seines Unternehmens zu begründen); Welser in Krejci, HBzKSchG 200; Krejci in Rummel3 § 1 KSchG Rz 23. Die
Ansicht der österreichischen Judikatur und Literatur hat zur Folge, dass ein noch so kleiner beruflicher oder ge-
werblicher Anteil den Verbraucherschutz verhindert.
133 Vgl Faber, ZEuP 1998, 887.
134 OGH 5 Ob 570/80 EvBl 1981/5; 9. 4. 1981, 8 Ob 9/81; ErläutRV 744 BlgNR 14. GP 15 f.
135 Vgl Mankowski, IPRax 2005, 504.
136 F. Bydlinski, Die Maxime der beiderseitigen Rechtfertigung im Privatrecht, in FS Koziol (2010) 1355 (1356); im
Rahmen der teleologischen Auslegung eines Sekundärrechtsaktes auch Heinrich, Die Auslegung von europäi-
schen Richtlinien und Verordnungen, ÖJZ 2011/133 (1071).
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Austrian Law Journal
Volume 2/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 94
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal