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ALJ 2018 Modernisierung des ABGB 118
C. Anpassung an weiterentwickelte System- und Begriffsbildung
1. Allgemein
Nach Unger20 besteht Reformbedarf auch hinsichtlich der (mittlerweile) verfehlten Systematik
und des „juristischen Alphabets“. Angesprochen ist damit also ein Nachziehen in der Umsetzung
der mittlerweile weiterentwickelten dogmatischen System- und Begriffsbildung.
Ein solches Nachziehen kann – so zumindest mein Verständnis – in P. Bydlinskis Forschungspro-
jekt immerhin teilweise in Angriff genommen werden: Soweit die weiterentwickelte Systematik
allein dadurch ins Gesetz einfließen soll, dass derzeit verwendete Formulierungen durch mittler-
weile eingebürgerte und systematisch treffendere Begriffe ausgetauscht werden, lässt sich dies
bewerkstelligen. Nicht vorgesehen ist in diesem Forschungsprojekt hingegen, das ABGB zu mo-
dernisieren, indem in die Struktur des Gesetzesaufbaus eingegriffen wird; lediglich der Aufbau
einzelner Paragrafen kann geändert werden, insbesondere auch durch Absatzbezeichnungen.21
Mit anderen Worten und abstrakt formuliert: Eine ABGB-Modernisierung unter dem Aspekt der
weiterentwickelten dogmatischen System- und Begriffsbildung ist mit den zur Verfügung gestell-
ten Modernisierungsmaßnahmen möglich, aber nur eingeschränkt, nämlich nur die begrifflichen
Anpassungen und nur durch Strukturänderungen auf Mikroebene (dh innerhalb von Paragrafen
und Absätzen).
2. Begriffliche Modernisierungsmaßnahmen
Beispiele für (noch zulässige) Modernisierungsmaßnahmen, die die weiterentwickelte Systematik
allein auf begrifflicher Ebene in das Gesetz einfließen lassen, finden sich mehrfach in den hier zu
diskutierenden Text- und Alternativvorschlägen zu den §§ 353 bis 379 ABGB (Unterstreichungen
aus Gründen leichterer Lesbarkeit hinzugefügt; Änderungsvorschläge des Verfassers sind durch
rote Schrift gekennzeichnet). Zu nennen ist etwa die Verwendung des Eigentumsbegriffs nur
mehr mit Blick auf körperliche Sachen, während dann, wenn sowohl körperliche als auch unkör-
perliche Sachen erfasst werden sollen, nun der weitere Begriff des Vermögens zum Einsatz
kommen soll.22
Originaltext Textvorschlag Alternativen
Eigentum im objektiven Sinn Vermögen und Eigentum im
objektiven Sinn
§ 353. Alles, was jemandem
zugehört, alle seine körperli-
chen und unkörperlichen Sa-
chen, heißen sein Eigentum. § 353. Das Vermögen einer
Person besteht aus körperli-
chen und unkörperlichen Sa-
chen (§ 292) und wird als ihr
Eigentum bezeichnet. § 353. 1Das Vermögen einer
Person besteht aus körperli-
chen und unkörperlichen Sa-
chen (§ 292). 2Die körperlichen
Sachen werden als ihr Eigen-
tum bezeichnet.
Gegen solche Modernisierungsmaßnahmen zur Umsetzung einer weiterentwickelten Systematik
ohne Eingriff in den Gesetzesaufbau, sondern allein auf begrifflicher Ebene, bestehen keine Ein-
wände. Sie sind – wie man in der Medizin wohl sagen würde – minimalinvasiv, so dass der Alter-
nativvorschlag ohne Einschränkungen vorzugswürdig erscheint. Im konkreten Beispiel des § 353
20 Oben FN 17.
21 P. Bydlinski, ÖJZ 2015, 870.
22 So schon Jeremias, Die ABGB-Vorschriften über das Eigentumsrecht (§§ 353–364 und §§ 423–446): wesentlicher
Inhalt und sprachliche Neufassung (Diplomarbeit Univ Graz 2015) 8.
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Austrian Law Journal
Volume 2/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 94
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal