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ALJ 2018 Olaf Riss 121
projekt – wie erwähnt24 – grundsätzlich weder für den Textvorschlag noch für den Alternativvor-
schlag vorgesehen, dass die Struktur des Gesetzesaufbaus geändert wird; lediglich der Satzbau
und allenfalls die Strukturierung eines einzelnen Paragrafen sollen angepasst werden. Wie etwa
der Textvorschlag und der Alternativvorschlag zu § 367 anschaulich zeigen, ist die deutlichere
Strukturierung von Gesetzesbestimmungen ohne besondere Schwierigkeiten möglich und ver-
spricht so leicht erzielbare Fortschritte bei der Verständlichkeit. Solche strukturellen Modernisie-
rungsmaßnahmen sind daher meines Erachtens grundsätzlich sehr begrüßenswert.
Dass sich das Forschungsprojekt dennoch eine Beschränkung bei der Modernisierung mithilfe
struktureller Maßnahmen auferlegt hat, den Gesetzesaufbau also grundsätzlich nicht verändern
will, erscheint auf den ersten Blick nicht zwingend und vielleicht sogar etwas willkürlich: Weshalb
ist der Aufbau des Gesetzes immun, die Struktur von Sätzen und Paragrafen hingegen nicht? Man
könnte wohl im Gegenteil sogar meinen, dass die bloße Umstellung der Reihenfolge von ABGB-
Bestimmungen den geringstmöglichen Eingriff ins Gesetz darstellt, weil dies nicht den Inhalt der
normativen Anordnungen an sich, sondern nur ihre Reihenfolge ändert; Unsicherheiten bei der
Auslegung der auf diese Weise modernisierten Gesetzesfassung drohen also kaum und die wei-
terentwickelte Systematik kann dennoch ins Gesetz einfließen.
Schon auf den zweiten Blick spricht allerdings ein ganz gewichtiger Grund dagegen, die Reihen-
folge der ABGB-Bestimmungen zu verändern. Eine solche Maßnahme würde nämlich dem pri-
mären Ziel der ABGB-Modernisierung, den „Zugang zum Recht“ zu erleichtern,25 geradezu entge-
gen wirken. Nicht nur im Privatrecht, dort aber ganz besonders, gehören Gesetzeskommentie-
rungen und Entscheidungssammlungen (insbesondere das RIS-Justiz) zu den bevorzugten Quel-
len für rechtliche Recherchen. In diesen Quellensammlungen wird aber bekanntlich auf die Para-
grafenzählung des jeweiligen Gesetzes referenziert, was zu einer speziellen Herangehensweise
bei der Rechtsrecherche führt, mit der nun schon mehrere Juristengenerationen aufgezogen
wurden. Jede Änderung im Aufbau und in der Struktur eines Gesetzes führt dazu, dass den
Rechtsanwendern das Auffinden der geltenden Rechtslage erschwert wird. Dass P. Bydlinskis
Forschungsprojekt nur innerhalb der einzelnen Bestimmungen Aufbau und Struktur moderni-
siert, die Struktur des Gesetzes hingegen grundsätzlich unangetastet lässt, steht mit der Zielset-
zung des Projekts im Einklang und ist meines Erachtens gut nachvollziehbar.
Eine gewisse Durchbrechung dieser selbst auferlegten Restriktion findet sich allerdings in den
Vorschlägen des Forschungsprojekts zu § 368 Abs 2, §§ 369, 370 ABGB. Hier hatte man die Ab-
sicht, die in drei Bestimmungen verstreuten Beweislastregeln in einer Bestimmung, nämlich in §
369 zusammenzuziehen. Anstoß und Legitimation für diesen an sich nicht in Betracht kommen-
den Eingriff in den Gesetzesaufbau war offensichtlich, dass die Überschrift von § 369 ABGB („Was
dem Kläger zu beweisen obliege?“) schon in der geltenden Fassung nahelegt, Fragen rund um die
zu beweisenden Tatbestandselemente und die Beweislast in dieser einen Bestimmung zusam-
menzuziehen.
24 Siehe P. Bydlinski, ÖJZ 2015, 871, wo die im Rahmen des Alternativvorschlags zur berücksichtigenden Grundsätze
(also nach der hier verwendeten Terminologie: Modernisierungsmaßnahmen) angeführt sind.
25 P. Bydlinski, ÖJZ 2015, 869 (869 bei FN 3).
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Austrian Law Journal
Volume 2/2018
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 2/2018
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 94
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal