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Austrian Law Journal, Volume 3/2017
Page - 173 -
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Page - 173 - in Austrian Law Journal, Volume 3/2017

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ALJ 3/2017 Helmut Koziol 173 gegensätzlichen Interessen führt. Aber selbst bei der körperlichen Unversehrtheit, dem Parade- beispiel für ein absolut geschütztes Gut, bestehen Abgrenzungsprobleme: Genießt etwa wirklich jedermann genauso Schutz gegen die Ansteckung mit einer Verkühlung durch einen Mitfahrer in den öffentlichen Verkehrsmitteln wie gegenüber der Infizierung mit Cholera oder Salmonellen durch verunreinigte Lebensmittel? Beim Schutz des Eigentums hat der Gesetzgeber zumindest bei Liegenschaften eine Geringfügigkeitsgrenze eingezogen. Zu all dem kommt noch hinzu, dass sogar die absolut geschützten Güter keinen Schutz gegenüber Notwehr, rechtfertigendem Not- stand oder erlaubter Selbsthilfe genießen. Die in vielen Fällen erforderlichen komplexen Abwägungen können den Rechtsanwendern auch in Zukunft nicht abgenommen werden. Möglich ist aber immerhin eine Erleichterung bei der Lösung der schwierigen Aufgabe, indem einige Wegweiser aufgestellt werden. Das ist insofern machbar, als eine Analyse der Entscheidungen in der eigenen Rechtsordnung wie auch eine breite rechtsvergleichende Untersuchung deutliche Anhaltspunkte dafür liefern, welche Momente vor allem zu berücksichtigen sind. Es dient einerseits der Vorhersehbarkeit der Entscheidungen und damit der Rechtssicherheit, wenn dem Richter relevante Faktoren genannt werden, die er in seine Überlegungen einbeziehen muss, und die unvermeidliche Vorgangsweise vorgezeichnet wird; und andererseits ist es ein „Kundendienst“ des Gesetzgebers, wenn er die mühsam gesammelte Erkenntnis zur Verfügung stellt. § 1293 Abs 2 des österreichischen Diskussionsentwurfs versucht, derartige Wegweiser aufzustel- len indem er ausführt, dass sich der Schutz der Interessen insb nach deren Rang, Wert, Abgrenz- barkeit und Offenkundigkeit richtet, aber auch nach den Interessen anderer an ihrer freien Ent- faltung und Ausübung ihrer Rechte sowie nach den Interessen der Allgemeinheit. Zu betonen ist, dass das Ausmaß des Schutzes von Interessen davon abhängig ist, ob einer oder mehrere Fakto- ren gegeben sind und welches Gewicht ihnen zukommt; ferner ist auch das Zusammenspiel mit anderen Faktoren maßgeblich. Da der Schutzbereich vom Gesamtgewicht der Faktoren abhängig ist, kann es durchaus sein, dass sogar hochrangige Interessen keinen Schutz gegen minimale Beeinträchtigungen genießen, wenn die gegenüberstehenden Interessen bei weitem überwiegen. So kann zB die drohende Beeinträchtigung der Gesundheit ganz geringfügig sein, wie zB eine Verkühlung, der den Handelnden sonst treffende Vermögensnachteil, etwa der Verlust seines Arbeitsplatzes, hingegen enorm, wenn er die Gesundheit anderer in vollem Ausmaß zu achten hätte und seine allgemeine Handlungsfreiheit daher stark eingeschränkt wäre. In der letzten Version des Diskussionsentwurfs aus dem Jahre 2007 wird nun auch versucht, eine Basiswertung zu formulieren: Es wird einerseits klargestellt, dass die klar umgrenzten und offen- kundigen Persönlichkeitsrechte, wie vor allem das Leben und die körperliche Unversehrtheit, ferner die dinglichen Rechte sowie die Immaterialgüterrechte den höchsten Schutz genießen. Auf der anderen Seite wird festgehalten, dass reine Vermögensinteressen außerhalb von Schuldver- hältnissen nur ausnahmsweise geschützt werden.
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Austrian Law Journal Volume 3/2017
Title
Austrian Law Journal
Volume
3/2017
Author
Karl-Franzens-Universität Graz
Editor
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Location
Graz
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
Size
19.1 x 27.5 cm
Pages
66
Keywords
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Categories
Zeitschriften Austrian Law Journal
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