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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 198
lich sein.78 Die aus einer Mining-Aktivität generierten Bitcoin sollen also als Einkünfte aus Gewer-
bebetrieb der Einkommensteuer unterliegen, soweit nicht die Aufwendungen zur Entfaltung
dieser Tätigkeit (Betriebsausgaben) den Wert der generierten Bitcoin überschreiten. Angesichts
der hohen Aufwendungen und der nicht sehr hohen Wahrscheinlichkeit, als erfolgreicher Miner
ausgewählt zu werden und Bitcoin zu generieren, könnte bei dieser Sichtweise in vielen Fällen
ertragsteuerrechtlich irrelevante Liebhaberei vorliegen.
Offen ist bei dieser Sichtweise, mit wem der einzelne Miner in Vertragsbeziehung tritt, um seine
gewerbliche Tätigkeit zu entfalten. Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfordern – wie ertragsteuer-
pflichtige Vorgänge ganz allgemein – jemanden, der die Einkünfte erzielt und jemanden, der diese
Einkünfteerzielung ermöglicht, indem er etwas bezahlt. Im Fall von durch das Mining generierten
Bitcoin stellen die Bitcoin die erzielten Einnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit dar. Ausbezahlt
können diese Bitcoin nur durch das Bitcoin-Netzwerk werden.79 Beim Bitcoin-Netzwerk handelt
es sich um einen formlosen Zusammenschluss mehrerer Nodes, die von Personen betrieben
werden. Wenn man anerkennt, dass der bereits erwähnte Netzwerkeffekt den Wert der einzel-
nen Bitcoin erhöht und auch ausmacht, kann das Bitcoin-Netzwerk als Unternehmen mit dem
wirtschaftlichen Zweck, eine Plattform für die Übertragung von Bitcoin zu bieten, gesehen wer-
den. Die Nodes im Netzwerk tragen dann insoweit Unternehmerrisiko und entfalten Unterneh-
merinitiative,80 als durch ihre Netzwerkteilnahme der Eintritt des Netzwerkeffekts ermöglicht
wird, aber gleichzeitig auch das Risiko besteht, dass dieser Effekt nicht eintritt. Die Nodes sind
daher uE als Mitunternehmer iSd § 23 Z 2 EStG anzusehen, deren Gesellschafterbeiträge in Ar-
beitsleistung bestehen. Bei dieser Sichtweise sind die Gewinne oder Verluste des Netzwerks un-
mittelbar und anteilig den einzelnen Nodes zuzurechnen und bei diesen als Einkünfte aus Ge-
werbebetrieb zu besteuern.81 Derzeit erzielt das Netzwerk selbst keinerlei Einkünfte, den einzel-
nen Minern werden aber im Fall der erfolgreichen Miningtätigkeit Block Rewards und Transakti-
onsgebühren in Form von Bitcoin zuerkannt. Angesichts der Mitunternehmerstellung der Miner
stellen sowohl der Block Reward als auch die Transaktionsgebühr für die einzelnen Miner ein sog
Gewinnvorweg dar.82 Das Netzwerk selbst unterliegt mangels Steuersubjektivität keiner Ertrags-
besteuerung. Der einzelne Miner kann diejenigen Aufwendungen gewinnmindernd geltend ma-
chen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzielung des Rewards stehen. Dies wäre der
Mehraufwand im Verhältnis zum bloßen Node, der nicht am Mining teilnimmt. Bei nachhaltigem
78 Siehe auch BMF, Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen (virtuelle Währungen) https://www.bmf.gv.at/
steuern/kryptowaehrung_Besteuerung.html (abgefragt am 1. 2. 2018).
79 Die Bitcoin, welche als Belohnung für das erfolgreiche Mining ausbezahlt werden, werden vom System origi-
när geschaffen. Anders als Rohstoffe sind sie aber nicht von vornherein und unabhängig von der Tätigkeit der
Miner vorhanden und müssen erst „gefunden“ oder aufgespürt werden. Auch wenn der Programmcode im
Vorhinein festgelegt hat, wie viele Bitcoin je insgesamt in Umlauf gelangen werden, entstehen die Bitcoin erst
durch die Aktivität der Miner. Ohne Mining gäbe es keine (neuen) Bitcoin. Insofern ist das Mining von Bitcoin
nicht mit dem Schürfen von Gold im öffentlichen Raum, sondern eher vergleichbar mit der gemeinschaftli-
chen Bestellung eines Ackers, bei dem der Ertrag nicht zwischen den Feldbestellern gleichmäßig, sondern
nach einem anderen Prinzip aufgeteilt wird (aA in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zur Frage des
originären Erwerbs von Bitcoin durch Mining Völkel, Privatrechtliche Einordnung der Erzeugung virtueller
Währungen, ecolex 2017, 639).
80 Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative sind die zentralen Merkmale für Mitunternehmerschaften (siehe
im Detail Doralt/Kauba in Doralt/Kirchmayr-Schliesselberger/G. Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum Einkommen-
steuergesetz13 § 23 EStG Rz 214 ff [Stand 1. 1. 2006, rdb.at]).
81 Ehrke-Rabel, elements Steuerrecht3 (2017) 205 ff.
82 Ehrke-Rabel, elements3 205.
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Austrian Law Journal
Volume 3/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 3/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 66
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal