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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 208
Für das Vorliegen einer Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG ist das unschädlich. Es kommt nur darauf
an, dass das Glücksspiel von einem/-r UnternehmerIn angeboten wird und dass der/die SpielerIn
eine vom/von der UnternehmerIn verschiedene Person165 ist. Für den Ausspielungsbegriff ist
unbeachtlich, ob der Spielende den Einsatz an die UnternehmerIn oder eine(n) Dritte(n) er-
bringt.166 Nicht erforderlich ist außerdem, dass dieser Wert unmittelbar in Geld besteht.167
Damit sind die Miner als SpielerInnen iSd GSpG zu qualifizieren. Sie leisten einen über die bloße
Teilnahme am Netzwerk hinausgehenden geldwerten Einsatz (nämlich Rechenleistung, Energie
und Spezialhardware), um eine Chance auf einen Gewinn (Bitcoin) zu erlangen. Anders als beim
klassischen Glücksspiel hat der Einsatz der Miner eine weitere Funktion: Er ermöglicht die Über-
tragung von Bitcoin von einem Knotenpunkt auf den anderen und er trägt zur Aufrechterhaltung
des Netzwerks und mittelbar zur Schaffung des Marktwerts168 der Bitcoin bei. Dieser zusätzliche
„Wert“ der Mining-Leistung ist mit jenen Fällen in der analogen Welt vergleichbar, wo durch die
Bezahlung eines Kaufpreises für ein Wirtschaftsgut auch die Chance, bei einer Lotterie gezogen
zu werden, eingeräumt wird. Auch in diesem Fall hat der VwGH das Vorliegen eines Glücksspiels
bejaht.169 Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 2 und Z 3 GSpG sind somit erfüllt.
Als AnbieterIn des Glücksspiels (§ 2 Abs 1 Z 1 und Abs 2 GSpG)170 kommt das Bitcoin-Netzwerk in
Betracht: Das Glücksspiel „Bitcoin-Mining“ funktioniert nur, weil das Netzwerk das Glücksspiel
veranstaltet. Das Netzwerk funktioniert durch sich selbst und kontrolliert sich selbst.171 Es ist das
Netzwerk, das die Vergütung in Form von Bitcoin (für das Mining) generiert172 bzw (als Transakti-
onsgebühren) ausbezahlt.173
Beim Bitcoin-Netzwerk handelt es sich jedenfalls weder um eine juristische Person noch um eine
Personengesellschaft im formellen Sinn.174 Wie weiter unten noch zu zeigen sein wird,175 ist das
Netzwerk als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) zu qualifizieren.176 Angesichts des weiten
Unternehmerbegriffs in § 2 Abs 2 GSpG kommt es auch im Glücksspielrecht wie im Umsatzsteu-
165 Schwartz/Wohlfahrt, GSpG2 § 2 Rz 8.
166 VwGH 25. 7. 1990, 86/17/0062; 21. 10. 2015, 2012/17/0110; ErläutRV 368 BlgNR 20. GP 5; Bresich/Posch in
Strejcek/Bresich, GSpG2 § 2 Rz 7.
167 Siehe dazu schon unter III.C.2.c.
168 Mangels staatlicher Kontrolle bestimmt sich der Wert der Bitcoin ausschließlich nach ihrer wirtschaftlichen Ver-
wendung und somit nach der Akzeptanz seiner NutzerInnen (Leloup, Blockchain 39).
169 Dazu vorher VwGH 20. 4. 2016, Ro 2015/17/0020.
170 Die konkrete Spielmöglichkeit muss von einem „Unternehmer“ organisiert, veranstaltet, angeboten oder zugäng-
lich gemacht werden (Bresich/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG2 § 2 Rz 6); siehe dazu schon vorher Pkt III.C.2.c).
171 Für eine Beschreibung der Funktionsweise von Smart Contracts siehe schon FN 6.
172 Siehe dazu schon bei FN 79.
173 Jene Bitcoin, die der erfolgreiche Miner erhält, weil sie von den Transakteuren für die erfolgreiche Validierung
ausgelobt wurden, werden über das Netzwerk ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgt über das Netzwerk, weil die
betroffenen Transakteure individuell in keinerlei Rechtsbeziehung zum Miner treten und die Gutschrift beim Mi-
ner auch gemeinsam mit dem Mining-Reward erfolgt.
174 Da die formellen (konstitutiven) Voraussetzungen weder für eine juristische Person (sei es eine Kapitalgesell-
schaft, sei es ein Verein) noch für eine eintragungsfähige Personengesellschaft erfüllt sind, soll auch nicht weiter
darauf eingegangen werden, ob eine solche Rechtsfigur für das Bitcoin-Netzwerk in Betracht käme.
175 Siehe Pkt IV.A.
176 Zu diesem Ergebnis gelangt für Frankreich auch Verbiest in Leloup, Blockchain 84 ff (Verbiest, Les organisations
distribuées autonomes: quel statut juridique? v 26. 10. 2016, Hello Finance https://hello-finance.com/organi-
sations-distribuees-autonomes-statut-juridique-thibverbiest-de-gaulle-fleurance-associes/ [abgefragt am 1. 2. 2018]).
Siehe dazu auch noch die Ausführungen später Pkt IV.A.
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Austrian Law Journal
Volume 3/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 3/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 66
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal