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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 222
gegen ein Geld vergleichbares Entgelt zu qualifizieren sind). Dies gilt darüber hinaus auch für
jene Aktivitäten von Wirtschaftsteilnehmenden, die den Zugang zur virtuellen Währung erst ver-
schaffen (vor allem Handelsplattformen). Für derartige Tauschgeschäfte scheint das materielle
Recht durchaus taugliche Lösungen zu bieten, da es sich hierbei um regulierte Bereiche handelt.
Als problematischer erweist sich allerdings die Rechtsdurchsetzung selbst, wie der Beitrag ver-
deutlicht hat.
Aufgrund der diffizilen und ausgeklügelten technischen Gestaltung des Mining konnte der vorlie-
gende Beitrag zeigen, dass Mining rechtlich betrachtet als Glücksspiel iSd GSpG eingeordnet wer-
den kann. Glücksspielrecht zielt darauf ab, VerbraucherInnen zu schützen, Anreize für die Bürge-
rInnen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden, die Sozialordnung zu wahren,
Betrügereien vorzubeugen, Kriminalität zu bekämpfen und aus dem Spiel Staatseinnahmen zu
lukrieren. Unter diesen Aspekten betrachtet fällt das Bitcoin-Mining durchaus in den Regulie-
rungsauftrag des Glücksspielrechts.
Vertieft man die Fragestellung und findet man eine rechtliche Anknüpfung in der Lösung, dass
das Netzwerk als GesbR einzustufen ist, ergeben sich Folgeschwierigkeiten. Das Bitcoin-Netzwerk
ist zwar als GesbR Veranstalterin des Glücksspiels, ihr kann allerdings aufgrund der mangelnden
Rechtspersönlichkeit keine Glücksspielkonzession erteilt werden. Wenngleich das Abgabenrecht,
wie gezeigt werden konnte, mit dezentralen Strukturen und fehlender Rechtspersönlichkeit bes-
ser umgehen könnte, scheitert die Besteuerung an der Vollziehbarkeit. So ist der territoriale Be-
steuerungsanspruch im Fall des Mining angesichts der fehlenden zentralen Instanz noch schwie-
riger festzumachen als beim herkömmlichen Online-Glücksspiel. Den einzelnen Miner für die
Glücksspielschulden des gesamten Netzwerks heranzuziehen, wäre aufgrund seiner mangelnden
Einflussnahmemöglichkeiten unsachlich. Schwierigkeiten zeigen sich auch im Strafrecht: Die für
das Glücksspiel verantwortliche GesbR kann mangels Rechtsfähigkeit strafrechtlich nicht zur
Verantwortung gezogen werden, wohl aber der einzelne Miner.
So lässt sich im Ergebnis zwar argumentieren, dass das Mining als elektronische Lotterie iSd § 12a
GSpG dem österreichischen Glücksspielmonopol unterliegt, da eine Konzessionsvergabe aller-
dings nur an juristische Personen (Kapitalgesellschaften mit Aufsichtsrat) möglich ist, bleibt der
Mining-Vorgang notgedrungen illegal. Wie sich zeigt, macht gerade der strukturelle gesellschaftli-
che Wandel, der sich beispielsweise in der Distribuiertheit niederschlägt, die rechtliche Anknüp-
fung schwierig. Die Gründe für die hier dargestellten Probleme sind sohin weniger in einer be-
stimmten rechtlichen Materie zu sehen (wie beispielsweise dem Glücksspielrecht), sondern im dis-
ruptiven Charakter der Technologie. So lässt Bitcoin-Mining beispielsweise ProduzentIn (Veran-
stalterIn des Glücksspiels) und KonsumentIn (SpielerIn) kategorial verschwimmen. Die Interessen
des/-r Produzenten/-in und des/-r Konsumenten/-in stehen einander nicht gegenüber (wie dies
im GSpG intentional angelegt ist), sondern ein Bitcoin-Miner vereint beide Interessen in einer
Person und wird damit zum Prosumer.251 Und dies ist wiederum eine Kategorie, die der (Glücks-
spiel-)Gesetzgeber nicht kennt. Folglich wird die rechtliche Anknüpfung erschwert. Das (Glücks-
spiel-)Recht kann strukturell damit (noch) nicht umgehen.
Hinzu kommt, dass die Blockchain-Technologie wegen ihrer distribuierten Struktur keine zentrale
Kontrollstelle kennt. Das erschwert die Anknüpfung an eine (verantwortliche) Person. Westliche
251 Siehe hierzu Homar/Lee, MR-Int 2016, 152.
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Austrian Law Journal
Volume 3/2017
- Title
- Austrian Law Journal
- Volume
- 3/2017
- Author
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Editor
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Location
- Graz
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 19.1 x 27.5 cm
- Pages
- 66
- Keywords
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Categories
- Zeitschriften Austrian Law Journal