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Amok - Novellen einer Leidenschaft
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Page - 18 - in Amok - Novellen einer Leidenschaft

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»Ja.« Wie ein Messer scharf und schneidend läßt sie das Wort fallen. In ihrem abgewandten Kopf zuckt nicht eine Linie. »Vielleicht wäre es da am besten, gnädige Frau, ich nehme eine allgemeine Untersuchung vor … darf ich Sie vielleicht bitten, sich … sich in das andere Zimmer hinüber zu bemühen?« Da wendet sie sich plötzlich um. Durch den Schleier fühle ich einen kalten, entschlossenen Blick mir gerade entgegen. »Nein … das ist nicht nötig … ich habe volle Gewißheit über meinen Zustand.«« * Die Stimme zögert einen Augenblick. Wieder blinkert im Dunkel das gefüllte Glas. »Also hören Sie … aber versuchen Sie zuerst einen Augenblick sich das zu überdenken. Da drängt sich zu einem, der in seiner Einsamkeit vergeht, eine Frau herein, die erste weiße Frau betritt seit Jahren das Zimmer … und plötzlich spüre ichs, es ist etwas Böses im Zimmer, eine Gefahr. Irgendwie überliefs mich: mir graute vor der stählernen Entschlossenheit dieses Weibes, die da mit plapprigen Reden hereingekommen war und dann mit einemmal ihre Forderung zückt, wie ein Messer. Denn was sie von mir wollte, wußte ich ja, wußte ich sofort – es war nicht das erstemal, daß Frauen so etwas von mir verlangten, aber sie kamen anders, kamen verschämt oder flehend, kamen mit Tränen und Beschwörungen. Hier aber war eine … ja, eine stählerne, eine männliche Entschlossenheit … von der ersten Sekunde spürte ichs, daß diese Frau stärker war als ich … daß sie mich in ihren Willen zwingen konnte, wie sie wollte … Aber … aber … es war auch etwas Böses in mir … der Mann, der sich wehrte, irgendeine Erbitterung, denn … ich sagte es ja schon … von der ersten Sekunde, ja, noch ehe ich sie gesehen, empfand ich diese Frau als Feind. Ich schwieg zunächst. Schwieg hartnäckig und erbittert. Ich spürte, daß sie mich unter dem Schleier ansah gerade und fordernd ansah, daß sie mich zwingen wollte zu sprechen. Aber ich gab nicht so leicht nach. Ich begann zu sprechen, aber … ausweichend … ja unbewußt ahmte ich ihre plapprige, gleichgültige Art nach. Ich tat, als ob ich sie nicht verstünde, denn – ich weiß nicht, ob Sie das nachfühlen können – ich wollte sie zwingen, deutlich zu werden, ich wollte nicht anbieten, sondern … gebeten sein … gerade von ihr, weil sie so herrisch kam … und weil ich wußte, daß ich bei Frauen nichts so unterliege als dieser hochmütigen kalten Art. 18
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Amok Novellen einer Leidenschaft
Title
Amok
Subtitle
Novellen einer Leidenschaft
Author
Stefan Zweig
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
158
Categories
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