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Amok - Novellen einer Leidenschaft
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Page - 21 - in Amok - Novellen einer Leidenschaft

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stellen?« »Für Ihre Hilfe und sofortige Abreise.« »Wissen Sie, daß ich dadurch meine Pension verliere?« »Ich werde sie Ihnen entschädigen.« »Sie sind sehr deutlich … Aber ich will noch mehr Deutlichkeit. Welche Summe haben Sie als Honorar in Aussicht genommen?« »Zwölftausend Gulden, zahlbar auf Scheck in Amsterdam.« Ich … zitterte … ich zitterte vor Zorn und … ja auch vor Bewunderung. Alles hatte sie berechnet, die Summe und die Art der Zahlung, durch die ich zur Abreise genötigt war, sie hatte mich eingeschätzt und gekauft, ohne mich zu kennen, hatte über mich verfügt im Vorgefühl ihres Willens. Am liebsten hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen … Aber wie ich zitternd aufstand – auch sie war aufgestanden – und ihr gerade Auge in Auge starrte, da überkam mich plötzlich bei dem Blick auf diesen verschlossenen Mund, der nicht bitten, auf ihre hochmütige Stirn, die sich nicht beugen wollte … eine … eine Art gewalttätiger Gier. Sie mußte irgend etwas davon fühlen, denn sie spannte ihre Augenbrauen hoch, wie wenn man jemand Lästigen wegweisen will: der Haß zwischen uns war plötzlich nackt. Ich wußte, sie haßte mich, weil sie mich brauchte, und ich haßte sie, weil … weil sie nicht bitten wollte. Diese eine, diese eine Sekunde Schweigen sprachen wir zum erstenmal ganz aufrichtig zueinander. Dann biß sich plötzlich wie ein Reptil mir ein Gedanke ein, und ich sagte ihr … ich sagte ihr … Aber warten Sie, so würden Sie es falsch verstehen, was ich tat … was ich sagte … ich muß Ihnen erst erklären, wie … wieso dieser wahnsinnige Gedanke in mich kam … « * Wieder klirrte leise im Dunkel das Glas. Und die Stimme wurde erregter. »Nicht daß ich mich entschuldigen will, mich rechtfertigen, mich reinwaschen … Aber Sie verstehen es sonst nicht … Ich weiß nicht, ob ich je so etwas wie ein guter Mensch gewesen bin, aber … ich glaube, hilfreich war ich immer … In dem dreckigen Leben da drüben war das ja die einzige Freude, die man hatte, mit der Handvoll Wissenschaft, die man sich ins Hirn gepreßt, irgendeinem Stück Leben den Atem erhalten zu können … so eine Art Herrgottsfreude … Wirklich, es waren meine schönsten Augenblicke, wenn so ein gelber Bursch kam, blauweiß vor Schrecken, einen Schlangenbiß im hochgeschwollenen Fuß, und schon heulte, man solle ihm das Bein nicht abschneiden, und ich kriegte es noch fertig, ihn zu retten. Stundenweit bin ich 21
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Amok Novellen einer Leidenschaft
Title
Amok
Subtitle
Novellen einer Leidenschaft
Author
Stefan Zweig
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
158
Categories
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