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stellen?«
»Für Ihre Hilfe und sofortige Abreise.«
»Wissen Sie, daß ich dadurch meine Pension verliere?«
»Ich werde sie Ihnen entschädigen.«
»Sie sind sehr deutlich … Aber ich will noch mehr Deutlichkeit. Welche
Summe haben Sie als Honorar in Aussicht genommen?«
»Zwölftausend Gulden, zahlbar auf Scheck in Amsterdam.«
Ich … zitterte … ich zitterte vor Zorn und … ja auch vor Bewunderung.
Alles hatte sie berechnet, die Summe und die Art der Zahlung, durch die ich
zur Abreise genötigt war, sie hatte mich eingeschätzt und gekauft, ohne mich
zu kennen, hatte über mich verfügt im Vorgefühl ihres Willens. Am liebsten
hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen … Aber wie ich zitternd aufstand – auch
sie war aufgestanden – und ihr gerade Auge in Auge starrte, da überkam mich
plötzlich bei dem Blick auf diesen verschlossenen Mund, der nicht bitten, auf
ihre hochmütige Stirn, die sich nicht beugen wollte … eine … eine Art
gewalttätiger Gier. Sie mußte irgend etwas davon fühlen, denn sie spannte
ihre Augenbrauen hoch, wie wenn man jemand Lästigen wegweisen will: der
Haß zwischen uns war plötzlich nackt. Ich wußte, sie haßte mich, weil sie
mich brauchte, und ich haßte sie, weil … weil sie nicht bitten wollte. Diese
eine, diese eine Sekunde Schweigen sprachen wir zum erstenmal ganz
aufrichtig zueinander. Dann biß sich plötzlich wie ein Reptil mir ein Gedanke
ein, und ich sagte ihr … ich sagte ihr …
Aber warten Sie, so würden Sie es falsch verstehen, was ich tat … was ich
sagte … ich muß Ihnen erst erklären, wie … wieso dieser wahnsinnige
Gedanke in mich kam … «
*
Wieder klirrte leise im Dunkel das Glas. Und die Stimme wurde erregter.
»Nicht daß ich mich entschuldigen will, mich rechtfertigen, mich
reinwaschen … Aber Sie verstehen es sonst nicht … Ich weiß nicht, ob ich je
so etwas wie ein guter Mensch gewesen bin, aber … ich glaube, hilfreich war
ich immer … In dem dreckigen Leben da drüben war das ja die einzige
Freude, die man hatte, mit der Handvoll Wissenschaft, die man sich ins Hirn
gepreßt, irgendeinem Stück Leben den Atem erhalten zu können … so eine
Art Herrgottsfreude … Wirklich, es waren meine schönsten Augenblicke,
wenn so ein gelber Bursch kam, blauweiß vor Schrecken, einen Schlangenbiß
im hochgeschwollenen Fuß, und schon heulte, man solle ihm das Bein nicht
abschneiden, und ich kriegte es noch fertig, ihn zu retten. Stundenweit bin ich
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Amok
Novellen einer Leidenschaft
- Title
- Amok
- Subtitle
- Novellen einer Leidenschaft
- Author
- Stefan Zweig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Categories
- Weiteres Belletristik