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gefahren, wenn irgendein Weib im Fieber lag – auch so wie diese es wollte,
habe ich geholfen, schon in Europa drüben an der Klinik. Aber da spürte
mans wenigstens, daß dieser Mensch einen brauchte, da wußte mans, daß
man jemand vom Tode rettete oder vor der Verzweiflung – und das braucht
man eben selbst zum Helfen, dies Gefühl, daß der andere einen braucht.
Aber diese Frau – ich weiß nicht, ob ich es Ihnen schildern kann – sie regte
mich auf, reizte mich von dem Augenblick, da sie scheinbar promenierend
hereinkam, durch ihren Hochmut zu einem Widerstand, sie reizte alles – wie
soll ichs sagen … sie reizte alles Gedrückte, alles Versteckte, alles Böse in
mir zur Gegenwehr. Daß sie Lady spielte, unnahbar kühl ein Geschäft
entrierte, wo es um Tod und Leben ging, das machte mich toll … Und
dann … dann … schließlich wird man doch nicht schwanger vom
Golfspielen … ich wußte … das heißt, ich mußte plötzlich mit einer – und das
war jener Gedanke – mit einer entsetzlichen Deutlichkeit mich daran erinnern,
daß diese Kühle, diese Hochmütige, diese Kalte, die steil die Augenbrauen
über ihre stählernen Augen hochzog, als ich sie nur abwehrend … ja fast
wegstoßend anblickte, daß die sich zwei oder drei Monate vorher heiß im Bett
mit einem Mann gewälzt hatte, nackt wie ein Tier und vielleicht stöhnend vor
Lust, die Körper ineinander verbissen wie zwei Lippen … Das, das war der
brennende Gedanke, der mich überfiel, als sie mich so hochmütig, so
unnahbar kühl, ganz wie ein englischer Offizier anblickte … und da, da
spannte sich alles in mir … ich war besessen von der Idee, sie zu
erniedrigen … von dieser Sekunde sah ich durch das Kleid ihren Körper
nackt … von dieser Sekunde an lebte ich nur im Gedanken, sie zu besitzen,
ein Stöhnen aus ihren harten Lippen zu pressen, diese Kalte, diese
Hochmütige in Wollust zu fühlen so wie jener, jener andere, den ich nicht
kannte. Das … das wollte ich Ihnen erklären … Ich habe nie, so verkommen
ich war, sonst als Arzt die Situation zu nutzen gesucht … Aber diesmal war es
ja nicht Geilheit, nicht Brunst, nichts Sexuelles, wahrhaftig nicht … ich
würde es ja eingestehen … nur die Gier, eines Hochmuts Herr zu werden …
Herr als Mann … Ich sagte es Ihnen, glaube ich, schon, daß hochmütige,
scheinbar kühle Frauen von je über mich Macht hatten … aber jetzt, jetzt kam
noch dies dazu, daß ich sieben Jahre hier lebte, ohne eine weiße Frau gehabt
zu haben, daß ich Widerstand nicht kannte … Denn diese Mädchen hier, diese
zwitschernden kleinen zierlichen Tierchen, die zittern ja vor Ehrfurcht, wenn
ein Weißer, ein ›Herr‹, sie nimmt … sie löschen aus in Demut, immer sind sie
einem offen, immer bereit, mit ihrem leisen, glucksenden Lachen einem zu
dienen … aber gerade diese Unterwürfigkeit, dieses Sklavische verschweint
einem den Genuß … Verstehen Sie jetzt, verstehen Sie es, wie das dann auf
mich hinschmetternd wirkte, wenn da plötzlich eine Frau kam, voll von
Hochmut und Haß, verschlossen bis an die Fingerspitzen, zugleich funkelnd
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Amok
Novellen einer Leidenschaft
- Title
- Amok
- Subtitle
- Novellen einer Leidenschaft
- Author
- Stefan Zweig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Categories
- Weiteres Belletristik