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Amok - Novellen einer Leidenschaft
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Page - 33 - in Amok - Novellen einer Leidenschaft

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ich ging … in ein paar Kneipen und soff mich an … soff mich an wie einer, der sich alles Wache wegsaufen will … aber … es ward mir nicht dumpf in den Sinnen … das Lachen stak in mir, schrill und böse … das Lachen, dieses verfluchte Lachen konnte ich nicht betäuben … Ich irrte dann noch am Hafen herum … meinen Revolver hatte ich zu Hause gelassen, sonst hätte ich mich erschossen. Ich dachte an nichts anderes, und mit diesem Gedanken ging ich auch heim … nur mit diesem Gedanken an das Schubfach links im Kasten, wo mein Revolver lag … nur mit diesem einen Gedanken. Daß ich mich dann nicht erschoß … ich schwöre Ihnen, das war nicht Feigheit … es wäre für mich eine Erlösung gewesen, den schon gespannten kalten Hahn abzudrücken … aber wie soll ich es Ihnen erklären … ich fühlte noch eine Pflicht in mir … ja, jene Pflicht zu helfen, jene verfluchte Pflicht … mich machte der Gedanke wahnsinnig, daß sie mich noch brauchen könnte, daß sie mich brauchte … es war ja schon Donnerstag morgens, als ich heimkam, und Samstag … ich sagte es Ihnen ja … Samstag kam das Schiff, und daß dieseFrau, diese hochmütige, stolze Frau die Schande vor ihrem Gatten, vor der Welt nicht überleben würde, das wußte ich … Ah, wie mich solche Gedanken gemartert haben an die sinnlos vertane kostbare Zeit, an meine irrwitzige Übereilung, die jede rechtzeitige Hilfe vereitelt hatte … stundenlang, ja stundenlang, ich schwöre es Ihnen, bin ich im Zimmer niedergegangen, auf und ab, und habe mir das Hirn zermartert, wie ich mich ihr nähern, wie ich alles gutmachen, wie ich ihr helfen könnte … denn daß sie mich nicht mehr vorlassen würde in ihrem Haus, das war mir gewiß … ich hatte das Lachen noch in allen Nerven und das Zucken des Zornes um ihre Nasenflügel … stundenlang, wirklich stundenlang bin ich so die drei Meter des schmalen Zimmers auf und ab gerannt … es war schon Tag, es war schon Vormittag … Und plötzlich schmiß es mich hin zu dem Tisch … ich riß ein Bündel Briefblätter heraus und begann ihr zu schreiben … alles zu schreiben … einen hündisch winselnden Brief, in dem ich sie um Vergebung bat, in dem ich mich einen Wahnsinnigen, einen Verbrecher nannte … in dem ich sie beschwor, sich mir anzuvertrauen … Ich schwor in der nächsten Stunde zu verschwinden, aus der Stadt, aus der Kolonie, wenn sie wollte: aus der Welt … nur verzeihen sollte sie mir und mir vertrauen, sich helfen lassen in der letzten, der allerletzten Stunde … Zwanzig Seiten fieberte ich so hinunter … es muß ein toller, ein unbeschreiblicher Brief wie aus einem Delirium gewesen sein, denn als ich aufstand vom Tisch, war ich in Schweiß gebadet … das Zimmer schwankte, ich mußte ein Glas Wasser trinken … Dann erst versuchte ich den Brief noch einmal zu überlesen, aber mir graute nach den ersten Worten … zitternd faltete ich ihn zusammen, faßte schon ein Kuvert … Da plötzlich fuhrs mich durch. Mit einem Male wußte ich das 33
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Amok Novellen einer Leidenschaft
Title
Amok
Subtitle
Novellen einer Leidenschaft
Author
Stefan Zweig
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
158
Categories
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