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Amok - Novellen einer Leidenschaft
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Page - 153 - in Amok - Novellen einer Leidenschaft

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weiß, daß man der Schlechtere ist … ich hätte all mein Geld dafür gegeben, es immer wieder zu hören … und sie war sehr stolz und wollte es immer weniger, als sie merkte, daß ich ihn forderte, diesen Dank … Darum … nur darum, mein Herr, ließ ich sie immer bitten … nie gab ich freiwillig … es tat mir wohl, daß sie um jedes Kleid, um jedes Band kommen mußte und betteln … drei Jahre habe ich sie so gequält, immer mehr … aber, mein Herr, es war nur, weil ich sie liebte … Ich hatte ihren Stolz gern, und doch wollte ich ihn immer knechten, ich Wahnsinniger, und wenn sie etwas begehrte, so war ich böse … aber, mein Herr, ich war es gar nicht … ich war selig jeder Gelegenheit, sie demütigen zu können, denn … denn ich wußte gar nicht, wie ich sie liebte … « Wieder stockte er. Ganz torkelnd ging er. Offenbar hatte er mich vergessen. Mechanisch sprach er, wie aus dem Schlaf, mit immer lauterer Stimme. »Das … das habe ich erst gewußt, wie ich damals … an jenem verfluchten Tag … ich hatte ihr Geld verweigert für ihre Mutter, ganz, ganz wenig … das heißt, ich hatte es schon bereitgelegt, aber ich wollte, daß sie noch einmal käme … noch einmal mich bitten … ja, was sage ich? … ja, damals habe ich es gewußt, als ich abends nach Hause kam und sie fort war und nur ein Zettel auf dem Tisch … ›Behalte dein verfluchtes Geld, ich will nichts mehr von dir‹ … das stand darauf, sonst nichts … Herr, ich bin drei Tage, drei Nächte gewesen wie ein Rasender. Den Fluß habe ich absuchen lassen und den Wald, Hunderte habe ich der Polizei gegeben … zu allen Nachbarn bin ich gelaufen, aber sie haben nur gelacht und gehöhnt … Nichts, nichts war zu finden … Endlich hat mir einer Nachricht gesagt vom andern Dor f … er habe sie gesehen … in der Bahn mit einem Soldaten … sie sei nach Berlin gefahren … am selben Tage bin ich ihr nachgereist … ich habe meinen Verdienst gelassen … Tausende habe ich verloren … man hat mich bestohlen, meine Knechte, mein Verwalter, alle, alle … aber, ich schwöre es Ihnen, mein Herr, es war mir gleichgültig … Ich bin in Berlin geblieben, eine Woche hat es gedauert, bis ich sie auffand in diesem Wirbel von Menschen … und bin zu ihr gegangen … « Er atmete schwer. »Mein Herr, ich schwöre es Ihnen … kein hartes Wort habe ich ihr gesagt … ich habe geweint … auf den Knien bin ich gelegen … ich habe ihr Geld geboten … mein ganzes Vermögen, sie sollte es verwalten, denn damals wußte ich es schon … ich kann nicht leben ohne sie. Ich liebe jedes Haar an ihr … ihren Mund … ihren Leib, alles, alles … und ich bin es ja, ich, der sie hinabgestoßen hat, ich allein … Sie war blaß wie der Tod, als ich hereinkam, plötzlich … ich hatte ihre Wirtin bestochen, eine Kupplerin, ein schlechtes, gemeines Weib … wie der Kalk war sie an der Wand … Sie hörte mich an. Herr, ich glaube, sie war … ja, sie war beinahe froh, mich zu sehen … aber 153
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Amok Novellen einer Leidenschaft
Title
Amok
Subtitle
Novellen einer Leidenschaft
Author
Stefan Zweig
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
158
Categories
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